SPÖ-FPÖ-Ausschuss

Causa Ott: Befragung von Ex-BVT-Beamtin führt zu emotionalem Streit

Die Befragung von RH-Präsidentin Kraker verlief ruhig - und rückte in den Hintergrund. Eine BVT-Beamtin wurde zur Causa prima befragt.
Die Befragung von RH-Präsidentin Kraker verlief ruhig - und rückte in den Hintergrund. Eine BVT-Beamtin wurde zur Causa prima befragt.APA / Eva Manhart
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Der Spionageskandal dominierte den U-Ausschuss am Mittwoch. Eine Ex-BVT-Referatsleiterin erzählte von ihrer Zusammenarbeit mit Egisto Ott, der die Frage aufwarf, wozu alles gefragt werden darf. Ex-FPÖ-Ministerin Hartinger-Klein kam erst gegen 18 Uhr.

Nach dem von den Grünen am Dienstag kritisierten „Zeugenschwund“ beim Auftakt nahm der von der ÖVP begehrte U-Ausschuss am Mittwoch deutlich an Dynamik auf. Als erste Auskunftsperson zu Mittag erschien Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker, die zur türkis-blauen Kassenreform befragt wurde, später sagte auch die ehemalige FPÖ-Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein aus. Sie erschien schließlich um kurz vor 18 Uhr. Denn der Fokus richtete sich vor allem auf die zweite Geladene, eine ehemalige leitende Mitarbeiterin des Verfassungsschutzes (BVT), die bereits im BVT-U-Ausschuss ausgesagt hat.

Die Mitarbeiterin zeigte sich sehr auskunftsfreudig. Sie verwies etwa auf die Chats „zwischen Jenewein und Ott“, die sie aus den Medien kenne und die „nicht sehr schmeichelhaft für mich“ gewesen seien. Generell hätte sie aber wenig Kontakt mit ihrem Kollegen Ott gehabt, der sich nach den Berichten bei ihr entschuldigt habe. Ab 2007 habe sie mit Ott im „Russen-Bereich“ begonnen, wo sie sich gemeinsam mit der Einflussnahme Russlands nach der Osterweiterung beschäftigt habe und dagegen gearbeitet habe, dass „gewisse Leute“ die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten. Zur Frage, inwiefern Ott einen Job im „neuen BVT“ nach der Razzia versprochen worden sei, habe sie aber keine Wahrnehmung. Die ÖVP hatte zuletzt auf ein Organigramm zur Neustrukturierung verwiesen, in dem Ott aufscheint.

Auch zur Razzia selbst wurde sie befragt, die damals mit Anschuldigungen gegen BVT-Beamte begründet worden war. Sie nannte die Hausdurchsuchung „martialisch“ und „brachial“, letztlich sei nichts von den Anschuldigungen übriggeblieben. Sie habe sich lange gefragt, „warum ich?“.

Streit um Zulässigkeit der Fragen

Angesichts der Auskunftsfreude der ehemaligen BVT-Beamtin entbrannte aber sogleich eine zuweilen emotionale Debatte, inwiefern die Causa Prima im U-Ausschuss überhaupt behandelt werden kann. Verfahrensrichterin Christa Edwards betonte, dass es angesichts der dichten Berichterstattung „verständlich“ sei, dass sich die Öffentlichkeit erwarte, die Vorwürfe rund um Egisto Ott im U-Ausschuss zu behandeln. Doch weder „Russland“ noch „Marsalek“ seien Teil des Untersuchungsgegenstands, ebenso wenig Ott, der seit dem Osterwochenende in U-Haft sitzt. Sie „ersuche die Öffentlichkeit um Respekt dafür, dass es eine klare rechtsstaatliche Pflicht ist, auch bei noch so großem öffentlichen Interesse.“ Die Neos beantragten noch am Mittwochnachmittag einen Russland-U-Ausschuss.

Meri Disoski (Grüne) meinte, dass es ein „absolutes Novum“, wenn man zu neuen Akten, die geliefert worden seien, nicht fragen dürfe. Die Tangente zu Ott sei mit den Vorwürfen gegen Hans-Jörg Jenewein gelegt, der Bezug zum Untersuchungsgegenstand klar gegeben. Edwards wiederum schlug vor, dass man das pro Frage klären müsse. Vorsitzender Wolfgang Gerstl (ÖVP) wartete mit einem bemerkenswerten Vorschlag auf: „Egisto Ott kann auch geladen werden, er kann sich nicht entschuldigen im Moment“.

In einer Frage an die Auskunftsperson verwies Shetty auf aktuelle Medienberichte, wonach Jan Marsalek Akten-Wünsche an den ehemaligen Wiener FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus weitergegeben haben soll. Ob sie sich über ungewöhnliche Aktenansuchen gewundert habe? Es sei damals vieles „neu“ im BVT gewesen, sagte sie, weil es zuvor keinen Generalsekretär gegeben habe. Und ja, es seien Akten immer wieder von der Generaldirektion angefordert.

Verfahrensrichterin Edwards sowie der Verfahrensanwalt warfen daraufhin mehrfach ein, dass Antworten „nicht ins Blaue ausarten“ dürften, was für Widerstand bei ÖVP, Grünen und Neos sorgte. „Das wird so oder so ins Blaue ausarten“, sagte Hanger mit Verweis auf die FPÖ und replizierte, dass er über Edwards „verwundert“ sei. Yannick Shetty (Neos) replizierte, dass jede Auskunftsperson „völlig frei“ antworten dürfe. SPÖ-Fraktionsführerin Eva-Maria Holzleitner ermahnte die Kollegen, sich an die „Spielregeln“ zu halten. Man müsse jede Frage zumindest „ansatzweise“ an den Untersuchungsgegenstand binden.

Es könne nicht sein, einfach drauf los zu fragen und zu schauen, ob die Auskunftsperson dazu antworten wolle. Daraufhin gerieten Shetty und Holzleitner recht heftig aneinander. Eine Stehung aller Fraktionen mit der Verfahrensrichterin folgte, um die Gemüter abzukühlen.

Geschredderte Akten oder nur „private“

Die Befragung von RH-Präsidentin Margit Kraker verlief vergleichsweise ruhig. Auskunft gab sie etwa zu Beratungsaufträgen der Ex-Ministerin Hartinger-Klein (FPÖ) rund um die Zusammenlegung der Krankenkassen, die mündlich erfolgt seien. Das habe der RH gerügt, sagte Kraker. Es geht laut Grünen um zehn Millionen Euro an Beraterverträgen sowie um 30 Millionen im Bereich der EDV.

Markus Koza (Grüne) fragte ebenso zu den Beratungsaufträgen der Ex-Ministerin. Ob das üblich ist, dass die zuständigen Abteilungen nicht eingebunden wurden? Es sollte anders sein, sagte Kraker. Der RH habe grundsätzlich darauf hingewiesen, dass Aufträge schriftlich erfolgen sollen.

Dass diesbezügliche Akten aus dem Ressort von Hartinger-Klein als „privat“ eingestuft wurden, damit auf 25 Jahre nicht eingesehen werden können oder teils vernichtet worden sein sollen, hatte schon im Vorfeld für Empörung gesorgt. Hartinger-Klein hätte sie von sich aus freigeben können, tat das bis dato aber nicht. Dazu wurde auch Kraker befragt: „Wurde Hartinger-Klein um Freigabe der Akten vom RH gebeten?“, fragte ÖVP-Mandatarin Carina Reiter. Sie habe darauf hingewiesen, dass „alle Akten“ zugeliefert worden seien, unter anderem eine „CD-Rom“. Kraker: „Auf Nachfrage haben wir vom Ministerium erfahren, dass dieser Datenträger nicht auffindbar ist“. Der RH habe kritisiert, dass es nicht nachvollziehbar sei, dass Akten als „privat“ eingestuft werden.

FPÖ-Mandatar Thomas Spalt wollte lieber über den Rechenschaftsbericht der ÖVP 2019 oder die aktuelle Bundesregierung fragen. Mehrfach wurde er dabei darauf hingewiesen, dass seine Fragen nicht den Untersuchungsgegenstand betreffen (Regierungen mit SPÖ- oder FPÖ-Beteiligung bis 2020). ÖVP-Mandatar Andreas Hanger äußerte sich daraufhin zur Geschäftsordnung: Er habe den Eindruck, dass der Freiheitliche „weder den Untersuchungsgegenstand gelesen hat noch versteht, was die Geschäftsordnung ist“.

Hartinger-Klein: Reform „war und ist die richtige Entscheidung“

Ex-FPÖ-Ministerin Hartinger-Klein kam erst gegen 18 Uhr an die Reihe. Und hat ihre Kassenreform vor dem U-Ausschuss verteidigt. Die Vorwürfe, sie habe Dokumente dazu als „Privatakten“ an das Staatsarchiv übergeben, wies sie zurück.

Die Sozialversicherungsreform „war und ist die richtige Entscheidung“, verteidigte sich Hartinger-Klein gegen die Kritik der Fusion. Das Ziel sei gewesen, gleiche Leistungen bei gleichen Beiträgen zu bieten. Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) rechne nun mit einer „schwarzen Null“, es seien ausreichende Mittel vorhanden. Die Patientenmilliarde sei „Marketing-Wording“ gewesen, die nicht in „Cash“, aber durch Mehrleistungen bei den Versicherten angekommen sei. Laut einem Rechnungshofbericht von 2022 hatte die Reform 215 Millionen Euro an Kosten verursacht, statt die versprochenen Einsparungen von einer Milliarde zu bringen.

Die Akten können jedenfalls nicht von ihr an das Staatsarchiv übergeben worden sein, sagte Hartinger-Klein. Diese seien nämlich erst nach ihrer Amtszeit fertiggestellt und dann von einer Anwaltskanzlei an das Ministerium übermittelt worden. Sie habe Akten gemäß dem Bundesarchivgesetz an das Staatsarchiv übermittelt, dabei habe es sich aber nicht um „Privatakten“ gehandelt. Das Gesetz gehöre geändert, meinte die Ex-Ministerin. Auch seien in ihrem Ministerium keine Akten geschreddert worden.

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