Lokal-Kolorit

Lokalkritik im Wildshut: Aus dem Steirereck an die Grenze

Stefan Sigl kocht im Kråmerladen auf Gut Wildshut
Stefan Sigl kocht im Kråmerladen auf Gut WildshutAnna Burghardt
  • Drucken

Hechtnockerl und Feigenblatt: An der Grenze zu Bayern kocht ziemlich unbemerkt ein ehemaliger Steirereck-Koch.

Warum herausposaunen, was man genauso gut verschweigen kann? Das denkt man offenbar im Wildshut, einem zur Stiegl-Brauerei gehörigen Biolandgut im westlichen Oberösterreich, direkt an der Grenze zu Bayern, wo Urgetreide ebenso großgezogen wird wie Mangalitzaschweine, Pinzgauer Rinder, Schnecken und, und, und. Dieses Gut ist ein Beispiel dafür, dass man es mit Betriebsgeheimnissen auch zu genau nehmen kann. Verwunderlich nämlich, dass kaum jemand zu wissen scheint, dass in der Küche des dortigen Restaurants Kråmerladen mit Stefan Sigl ein ehemaliger Steirer­eck-Koch steht, der auch den flämischen Dreisterner Hertog Jan und den Taubenkobel zu seinen Stationen zählt. Sigl ist in der Nähe aufgewachsen, in seinem Elternhaus produzierte er schon während der Steirer­eck-Jahre den „Alpin Sake“.

Im Wildshut bietet er nun einerseits À-la-carte-Gerichte (mitunter Riesenportionen!), etwa dünn aufgeschnittene kalte Rindszunge mit Rhabarber-Szechuanpfeffer-Marinade und verschiedenen Rettichsorten oder Kohlsprossen, gedämpft und spektakulär am Strunk mit Steakmesser zum Heruntersäbeln serviert, samt Ochsenmark-Trüffelhollandaise (16–21 Euro).

Menü zum Kampfpreis

Besonders interessant wird es aber beim Überraschungsmenü zum Teilen, zum Kampfpreis von 62 Euro pro Person, was die Übernachtung in einem der 19 Zimmer erleichtert. Auf der Speisekarte wird dieses Menü natürlich gut versteckt, Ehrensache. Die nominell vier Gänge entpuppen sich als eine Vielzahl von Tellern. Den Einstieg machen etwa eine Sauerteigwaffel mit ­Störkaviar und Frischkäse, verboten gute knusprige Erdäpfel-Ildefonso mit Harissacreme und Lardo, ein mächtiges Stück trocken gereiften Wallerschinkens zum Selbstherunterschneiden (Zurückhaltung bitte, es kommt noch etwas!), Walnuss-Speck-Brot mit karamellisierter Butter. Kurz: eher Unterlagen zu den hochinteressanten hauseigenen Spezialbieren denn Salätchenartiges.

Bier und Würste kaufen, à la Carte oder ein Menü essen
Bier und Würste kaufen, à la Carte oder ein Menü essenAnna Burghardt

Zweite Fuhre (oder Tracht, wie man früher sagte): vegetarische gefüllte Paprika mit Shisokraut und pikantem Zwetschkensud, ein Käsespätzle-Taco, Flusskrebse mit fermentierter Paradeiser-Beurre-blanc. Höhepunkt – grandiose Idee, grandiose Umsetzung: mit Hechtnockerlfarce gefüllte Weinblätter (zum Dreieck gefaltet) mit Vin-Jaune-Sauce und Feigenblattöl. Mit diesem Gericht zeigt Stefan Sigl, dass er verstanden hat, wie man alte österreichische Rezepte mit Witz und Weltgewandtheit verwebt. Ebenfalls auf Traditionen basierend, aber neu gedacht ist der Mini-Sarmakrautkopf, der, wenn er vor den Gästen aufgeschnitten wird, endlich seine fleischsaftdampfende Fülle aus Schweinskopf-Saumaisen und eingelegten Bärlauchfrüchten nicht länger geheim halten muss

Info

Kråmerladen, Wildshut 8, 5120 Wildshut. Tel.: +43/(0)6277/641 41, Restaurant: Mo: 17–22 (Küche 17–21), Di–So: 10–22 (Küche 11.30–21 Uhr).

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Unkompliziert Essen

Lokalkritik im Comal Mexicano: Diese Tacos sind wirklich spitze

Das Comal Mexicano hat sich vergrößert. Das neue Lokal im vierten Bezirk brummt, völlig zu Recht: Die Tacos sind nämlich absolute Spitze – vor allem zwei Varianten.
Wenn es hier voll ist, kommt man leicht ins Gespräch.
Unkompliziert essen

Lokalkritik in La Paninoteca: Ein Sandwich zum Aperitivo

Es kann nie genug Aperitivo-Lokale geben. In der Kaiserstraße hat mit La Paninoteca ein weiteres aufgesperrt: mit Sandwiches, Feinkost und Potenzial für gute Stimmung.
In der offenen Küche werken Pavel Kolesnik und Jarryd Jason Schott
Lokal-Kolorit

Lokalkritik im Delicatessen: Aufregendes am Spittelberg

Alles andere als Fadgas verströmt das Delicatessen in einer der schönsten Gassen Wiens – bisher aber nur beim Essen.
Unter 20 Euro

Lokalkritik im Goldstück: Das Lokal brummt

In der Marxergasse ist Das Goldstück in ein hübsches Ecklokal gezogen. Vor allem junge Mütter dürften sich hier wohlfühlen, kein Wunder bei dem guten Essen.
Unter 20 Euro

Lokalkritik im Café Florianihof: Ein Abendlokal mit Burger und Sandwiches

Jetzt haben die neuen Betreiber dem Café Florianihof doch ein ganz neues Konzept verpasst: als Abendlokal, mit Reznicek-Cordon-bleu als Burger, viel Wein und: Susitorte.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.