Recycling. Die EU-Kommission hat das Projekt einer Kreislaufwirtschaft gestoppt. Nun wächst der Druck aus dem Europaparlament und aus Mitgliedstaaten, die Ziele für mehr Ressourceneffizienz und für den Abbau von Mülldeponien in einem Neuanlauf noch ehrgeiziger zu formulieren.
Die Logik einer Kreislaufwirtschaft ist einfach zu erklären: Es gibt keinen Müll mehr, sondern nur noch wiederaufbereitete Rohstoffe. Die Deponien werden hinfällig, denn die meisten der weggeworfenen Materialien können wieder genutzt werden. Der positive Effekt, den die EU-Kommission 2014 errechnet hatte, ist gewaltig. Gelingt der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, könnten europaweit 580.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, die EU wäre international wettbewerbsfähiger und könnte ihre Nachfrage nach teuren und knappen Ressourcen verringern. Zudem müsste weniger Müll verbrannt werden, was den CO2-Ausstoß deutlich verringern würde. Dennoch wurden die Pläne von der neuen Kommissionsführung unter Jean-Claude Juncker 2014 vorerst ad acta gelegt. Nach einem Proteststurm wurde aber ein neuer Anlauf angekündigt.
Dieser neue Anlauf könnte durchaus ehrgeiziger ausfallen als der alte. Denn mittlerweile machen sowohl das Europaparlament als auch einzelne Mitgliedstaaten – unter ihnen Österreich – Druck für ehrgeizige Zielvorgaben. Der Umweltausschuss des Europaparlaments sieht die Chance, die Ressourceneffizienz bis 2030 um 30 Prozent zu steigern. Langfristiges Ziel bleibt die Reduzierung des deponierten Abfalls auf null. Schrittweise soll immer mehr Müll wiederverwertet werden. Er soll entweder kompostiert oder in den Produktionskreislauf zurückgeführt werden. Um das zu ermöglichen, ist aber nicht nur eine ambitionierte Abfallwirtschaft notwendig, sondern auch die Umstellung der Produktion aller Hersteller auf wiederaufbereitbare Materialien. Nicht alle Industriebetriebe sind von solchen Vorgaben begeistert, da sie vorerst Investitionen notwendig machen würden.
Doch die Ablehnung ist nicht flächendeckend. In der Stahlproduktion werden im EU-Schnitt bereits 56 Prozent des verwendeten Rohstoffs durch recyceltes Material gedeckt. Manche große KFZ-Hersteller und Zulieferunternehmen bereiten sich intensiv auf eine Kreislaufwirtschaft vor. Bei den verwendeten Metallen und Kunststoffen wird zunehmend darauf geachtet, dass sie ohne großen Aufwand wiederzuverwerten sind.
Umdenken der Kommunen notwendig
Aber auch kommunale Verwaltungen müssten umdenken. Zum einen muss das Abfallmanagement umgestellt werden. In einigen EU-Ländern wie Österreich ist die Recyclingquote bei Siedlungsabfällen schon jetzt relativ hoch. Sie lag zuletzt bei 56 Prozent. In anderen Mitgliedstaaten werden noch weit über 80 Prozent der Abfälle deponiert. Zum anderen müssten die Kommunen auch andere Prioritäten setzen. Beispielsweise wird in Wien ein guter Teil des recyclingfähigen Mülls derzeit noch verbrannt, um das Fernwärmesystem zu speisen. Dies wäre mit den nachhaltigen Zielen einer Kreislaufwirtschaft kaum vereinbar. Nicht unwesentlich ist die Frage, wer für die Kosten des Recyclings aufkommt: Die Hersteller, die Käufer oder die öffentliche Hand?
Die Überlegungen zur Kreislaufwirtschaft schließen auch die Lebensmittel ein. Jedes Jahr wandern in der EU 60 Millionen Tonnen an nicht gebrauchten Lebensmitteln in den Müll, das entspricht 16 Prozent aller Lebensmittel, die an europäische Endkunden gelangen. Das Europaparlament hat bereits die EU-Kommission aufgefordert, im Rahmen ihrer neuen Vorschläge zur Kreislaufwirtschaft den Nahrungsmittelsektor einzubeziehen. Beispielsweise soll der Einzelhandel dazu verpflichtet werden, nicht verdorbene Lebensmittel an wohltätige Organisationen zu übergeben. Derzeit geschieht das nur auf freiwilliger Basis. (wb)