Ernten, was wir säen: Das Spätjahr, die Zeit der Feste

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Von Almabtrieb bis Oktoberfest, von Halloween bis Thanksgiving. In keiner anderen Jahreszeit wird so viel gefeiert wie im Herbst.

Das Wort Herbst hat sprachgeschichtlich denselben Ursprung wie das englische Wort harvest und bedeutet „Ernte(zeit)“. Was liegt also näher, als nach der Zeit des Pflückens und Lesens ein Fest auszurichten? Der Herbst, der im südwestdeutschen Sprachraum auch als Spätjahr (als Spiegelform zum Frühjahr) bezeichnet wird, ist eine dichte Fest- und Feierzeit. Das liegt zuerst einmal daran, dass diese Jahreszeit als Ende des bäuerlichen Wirtschaftsjahres galt, neuer Wein konnte probiert werden (Weinlesefest), die Kühe wurden wieder ins Tal gebracht (Almabtrieb), und bevor die ruhigste und kälteste Zeit des Jahres begann, wurde noch einmal ausgiebig gefeiert.

Das größte und bekannteste Volksfest der Welt, das Oktoberfest, findet seit 1810 auf der Theresienwiese in der bayerischen Hauptstadt München statt, wird aber mittlerweile von Wien und diversen Großstädten gern kopiert.

Auch das hierzulande als amerikanischer Trend bekannte Halloween-Fest geht auf einen alten Volksbrauch zurück, der seinen Ursprung in Europa hat. Gefeiert wird stets am 31. Oktober, am Vorabend von Allerheiligen („All Hallows' Eve“ ist der Abend vor Allerheiligen). Das Brauchtum war einst vor allem im katholischen Irland verbreitet, die irischen Einwanderer in den USA pflegten ihre Bräuche in Erinnerung an die Heimat und bauten sie aus. Erst seit den 1990er-Jahren verbreiten sich Halloween-Bräuche in US-amerikanischer Ausprägung auch im kontinentalen Europa. Wichtigstes Utensil für das Halloween-Fest ist der Kürbis. Das Halloweenbrauchtum stellt eine Mischung aus Herbst-, Löse-, Heische- und Verkleidungsbräuchen dar.


Martinigansl. Vor allem in Mitteleuropa ist es Brauch, rund um den 11. November den Martinstag zu begehen. Das tut man etwa mit Laternenumzügen, die vor allem in Kindergärten und Schulen veranstaltet werden und bei denen man in Anlehnung an die Geschichte des heiligen Martin ein Lebensmittel teilt. Ebenfalls verbreitet sind das Martinigansessen und das Martinssingen. Der Brauch wurzelt auch darin, dass früher der Tierbestand, der nicht durch den Winter gefüttert werden konnte, reduziert werden musste. Zudem gab es vom Mittelalter bis in die Neuzeit auch eine Fastenzeit vor Weihnachten (ähnlich wie vor Ostern). Vorhandene und nicht fastenzeittaugliche Lebensmittel wie Fett, Schmalz und Eier mussten verbraucht werden.

Eines der wichtigsten Herbstfeste in den USA und Kanada ist heute Thanksgiving. Der vierte Donnerstag im November (in Kanada: der zweite Montag im Oktober) ist ein gesetzlicher Feiertag, an dem Verwandte besucht werden und gemeinsam Truthahn verspeist wird. Es ist die stärkste Reisezeit des Jahres, sogar stärker als Weihnachten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.10.2016)

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