Die Grabsteine von aufgelösten Gräbern werden von einem Unternehmen in Oberlaa zu Kopfsteinpflaster verarbeitet - jährlich 2500 Tonnen. Läuft das Benützungsrecht für ein Grab aus, wird es aufgelöst.
Ein gewaltiger Raupenbagger mit Spezialaufsatz schiebt einen 200 Kilo schweren Grabstein hin und her, bevor er schließlich zubeißt. Die massive Granitplatte knackt und knirscht, dann zerbröselt sie unter dem hydraulischen Druck. Auf dem größten Brocken, der zu Boden kracht, steht: Fregattenkapitän August Wolfsberger - *18. 8. 1884, + 23. 12. 1957. Seine Frau Adele verschied nur wenige Tage nach ihm.
Wolfgang Lindner steigt aus seinem Bagger, blinzelt durch den aufgewirbelten Staub und beginnt zu rechnen: "Wir verarbeiten jährlich rund 2500 Tonnen Grabsteine. Allein vom Zentralfriedhof bekommen wir bis zu vier Ladungen zu je drei bis sechs Tonnen täglich." Sein Unternehmen, die ContraCon in Oberlaa, zerkleinert Bauschutt aller Art, um daraus Material für den Straßenunterbau zu produzieren. In seltenen Fällen wird aus den feingravierten Granitplatten, für die heute fünfstellige Eurobeträge zu bezahlen wären, Kopfsteinpflaster.
Wenn das Benützungsrecht ausläuft
Wird das Benützungsrecht einer Grabstätte nicht verlängert, beginnt für den Verblichenen das langsame "Ausbürgerungsverfahren". "Zum Beispiel, wenn die Angehörigen nicht mehr zahlen oder keine Nachkommen da sind. Aber zunächst geschieht mindestens zwei Jahre lang nichts", sagt Andrea Rauscher, Sprecherin der Wiener Friedhöfe. Verstreicht diese Frist ebenfalls, wird das Grab aufgelöst.
Der Sarg wird aus seiner Einheitstiefe von 2,70 Meter gehoben, die Gebeine werden exhumiert und 30 Zentimeter darunter wieder eingegraben. Mit Urnen wird ebenso verfahren. Es folgt die Entfernung von Grabstein, Grabplatte und Einfassung. Erst dann ist alles bezugsfertig für die "Nachmieter". 2008 wurden allein in Wien 3500 Tonnen Grabstätten rezykliert.
(APA)