Bestatter: Geschäfte in Schwarz

Sargfabrik
Sargfabrik(c) FABRY Clemens
  • Drucken

Ihre Kunden kommen so sicher wie der Tod. Die Bestatter machen ein Millionengeschäft, das bis 2002 streng reguliert war. In Wien hält die Stadt nach wie vor fast ein Monopol. Aber auch die Bestatter spüren die neue Sparsamkeit.

Von wegen umsonst. Er kostet das Leben, und auch sonst kommt der Tod ganz schön teuer. Nicht der Tod an sich, aber zumindest der Weg vom Totenbett unter die Erde oder auf den Urnenhain. „Wirklich billig ist nur die Mini-Variante: Der Transport ins anatomische Institut“, sagt Eduard Schreiner, der Obmann des Fachverbandes der Bestatter.

Möchte man weder seziert noch im Massengrab bestattet werden, schlägt ein Begräbnis mit etwa 2000 bis 5000 Euro zu Buche: je nachdem, welchen Sarg man wählt, wie weit die Leiche transportiert wird oder wie pompös die Verabschiedung sein soll. Ein millionenschweres Geschäft. Schließlich stirbt jedes Jahr etwa ein Prozent der Menschen in Österreich, auf knapp 600 Bestatter kommen 75.000 Begräbnisse. Gestorben wird immer – trotzdem wirkt sich die Krise auf das Geschäft mit dem Tod aus. „Die Menschen werden auch bei Begräbnissen sparsamer. Das ist aber noch kein Trend“, sagt Schreiner. Auf dem Land lasse sich aber beobachten, dass weniger Menschen zum Beispiel auf einen teuren Metallsarg bestehen.

Das Geschäft mit dem Tod ist noch immer aufgeteilt – obwohl es 2002 liberalisiert wurde. In Wien hatte die Stadt bis dahin ein Monopol. Nach der Öffnung wollten zwei große private Bestatter dem Platzhirschen Paroli bieten: Pax und Perikles. Pax hat Wien heuer im Sommer wieder aufgegeben und wurde von der Bestattung Wien übernommen. Offiziell, um sich auf den Süden Österreichs zu konzentrieren. Allerdings tun sich Private schwer, schließlich dürfen sie nur eingeschränkt werben; und Beamte schicken Hinterbliebene oft direkt zur städtischen Bestattung. Neben Perikles bietet nur eine Handvoll kleiner Betriebe der Bestattung Wien die Stirn.

Die Arbeiterkammer und der Verein für Konsumenteninformation klagen über mangelnde Transparenz. Schließlich kostet ein einfacher Holzsarg bei manchen Anbietern 200 Euro, bei anderen mehr als das Doppelte, ähnlich sehen die Preise bei Steinmetzen aus. Selbst wenn ein Preisvergleich nach einem Todesfall Angehörige oft überfordert, raten die Konsumentenschützer, mehrere Angebote einzuholen. Auch wüssten viele Hinterbliebene nicht, dass sie einige Aufgaben selbst erledigen können: die Dekoration der Leichenhalle oder das Waschen des Verstorbenen zum Beispiel.


Kaum Wettbewerb.An den Preisen hat sich seit der Liberalisierung wenig geändert. Bei Perikles bezahlt man 3500 bis 4500 Euro für eine Bestattung. Das Geschäft entwickle sich trotz der Übermacht der Bestattung Wien mit einem Marktanteil von mehr als 95 Prozent gut, heißt es. „Es gibt kaum einen Preisdruck“, sagt Schreiner. Auch, weil sich die meisten Bestatter noch an die alten Tarifschemata halten, die bis 2002 Höchstbeträge für die einzelnen Leistungen festlegten. Konkurrenzkampf gebe es kaum, nur vereinzelt komme es zu Werbeaktionen, die manch einer für pietätlos halte, erzählt der Bestatter. Zum Beispiel, als ein Betrieb via Radio ein Begräbnis verlosen ließ. In Altersheimen oder Krankenhäusern herrscht nach wie vor Werbeverbot.

Das Werben um Kunden hat vor gut 100 Jahren zur strengen Regulierung geführt. Um die Jahrhundertwende haben in Wien Agenten von Bestattern vor den Häusern sterbender reicher Bürger gelauert. 1907 hat die Gemeinde Wien schließlich die größten Bestatter gekauft, kleinere Konkurrenten mussten nach und nach aufgeben. Bis 2002 durfte ein Bestatter auch auf dem Land nur nach einer Bedarfserhebung aufsperren, die Gemeinden hatten dabei ein Vorrecht. Noch heute gehören Gemeinden etwa 70 Bestattungsunternehmen.


Särge aus dem Internet. Die Vorsorgeversicherungen empfehlen eine Versicherungssumme von etwa 4000 bis 5000 Euro für ein Begräbnis. Wenn jemand oft reist, kann die Summe auch auf das Dreifache steigen, schließlich ist der Transport im Fall des Todes im Ausland teuer. Wer nicht vorsorgt und weder Geld noch Menschen hinterlässt, die für eine Bestattung bezahlen, bekommt ein Sozialbegräbnis. In Wien liegt hier der Anteil bei sechs Prozent der Verstorbenen, auf dem Land ist er kleiner.

In Kalifornien hat die Zahl der staatlichen Armenbegräbnisse im vergangenen Jahr um ein Drittel zugenommen. Eine Folge der Krise. Und auch Menschen, die für ein Begräbnis bezahlen, würden deutlich weniger Geld ausgeben, berichtet der US-Verband der Bestatter. Eine Chance für neue Anbieter: Neuestens kann man beim Kaufhaus Walmart online (vergleichsweise billige) Särge kaufen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.11.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Angela Siquans
Österreich

Wie man Kindern den Tod erklärt

Wenn Papa plötzlich stirbt, stellen Kinder für Erwachsene klare wie verstörende Fragen: "Wo ist er jetzt?" Trauerbegleiterin Angela Siquans hilft, wenn den Hinterbliebenen die Antworten auf den Tod zu viel sind.
elisabeth stastny
Österreich

Nachrufrednerin: "Ich bitte um die Wahrheit"

Elisabeth Stastny ist Nachrufrednerin. Sie bewahrt immer Haltung – auch wenn sie oft gerührt ist und sich manchmal sehr über die Scheinheiligkeit ärgert.
Allerheiligen
Religion

Allerheiligen: Das Fest der unbekannten Heiligen

Wer nach dem Tod sein Ziel bei Gott gefunden habe, könne heilig genannt werden, so der Glaube. Dieser Menschen wird zu Allerheiligen gedacht. Die Ursprünge des Festes reichen bis ins fünfte Jahrhundert.
Religion

Allerheiligen: Sogar Buddha war ein Christ

Die einen stehen auf Säulen, die anderen sind Hunde. Frömmigkeit und Fabulierlust mischen sich in den Geschichten über Selige und Märtyrer.
FRIEDHOF DER GRABSTEINE
Religion

Ein Schrottplatz für alte Grabsteine

Die Grabsteine von aufgelösten Gräbern werden von einem Unternehmen in Oberlaa zu Kopfsteinpflaster verarbeitet - jährlich 2500 Tonnen. Läuft das Benützungsrecht für ein Grab aus, wird es aufgelöst.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.