Kassen führen geringe Nachfrage auf unhysterischen Umgang zurück. Laut Impfstoffhersteller Baxtfer sind zwei Teilimpfungen innerhalb weniger Wochen nötig. Zum geringen Interesse beigetragen haben Äußerungen von Experten
Wien (awe/APA). Um sich wirkungsvoll gegen das H1N1-Virus (Schweinegrippe) zu schützen, sind nach Angaben von Impfstoffhersteller Baxter zwei Teilimpfungen innerhalb weniger Wochen nötig. Einzig: Das Interesse innerhalb der Bevölkerung ist enden wollend. Aktuelle Zahlen zeigen, dass bei Weitem nicht alle, die die erste Teilimpfung bereits hinter sich haben, auch ein zweites Mal eine Dosis Celvapan (so heißt der Impfstoff hierzulande) verabreicht erhalten wollen.
Registrierte die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) in der ersten Impfwoche (9. bis 13. November) täglich zwischen 4679 und 6803 „Impflinge“, waren es diese Woche (Montag und Dienstag) jeweils 2400. Anstatt mehrerer Stunden Wartezeit, die man vor drei Wochen in Kauf nehmen musste, kommt man derzeit bereits nach wenigen Minuten an die Reihe. Auch die WGKK ist ob der geringen Nachfrage überrascht. Derzeit kämen deutlich weniger Impfwillige zur zweiten Teilimpfung, als man ursprünglich erwartet hatte. Intern führt man das darauf zurück, dass die Betroffenen sehr sachlich mit dem Thema Grippeimpfung umgehen und die Empfehlung, frühestens drei Wochen nach der ersten Immunisierung die zweite Dosis zu nehmen, ernst nehmen.
Kritik an „Pandemie“
Ebenfalls zum geringen Interesse beigetragen haben dürften öffentliche Äußerungen von Experten, die die Empfehlung von Baxter (zwei Teilimpfungen) relativiert hatten. Auch die Impfstoffe anderer Hersteller, die in Österreich nicht im Einsatz sind, werden in der Regel nur ein einziges Mal gespritzt. Trotzdem wollen sich die österreichischen Gesundheitsbehörden noch nicht darauf festlegen, dass auch eine einzige Impfung reichen könnte. „Wir sind einfach noch nicht überzeugt davon“, sagt Ages PharmMed-Bereichsleiter Marcus Müllner. Studien, die das überprüfen, sind noch im Laufen. Ergebnisse dazu könnte es noch im Dezember, spätestens aber im Frühjahr geben.
Gesundheitsminister Alois Stöger (S) hatte am Dienstag in Brüssel die Grippe-Pandemiewarnung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aufgrund der leichten Krankheitsverläufe infrage gestellt. Müllner gab zu bedenken, dass sich die Schweinegrippe ja „als Drama“ angekündigt hätte.
Insgesamt dürften laut Hochrechnungen des Gesundheitsministeriums derzeit 35.000 bis 47.000 Österreicher an der Schweinegrippe erkrankt sein. Die Zahl der Neuerkrankungen pro Woche stagniert. In Wien betrug sie zuletzt 16.800, in Graz 3000.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2009)