Die Wiener Grünen wollen Umweltzonen einführen. Änderungen soll man nicht durch "Ärgern oder Vergraulen der Autofahrer" herbeiführen, entgegnete Bürgermeister Häupl.
In einigen deutschen Großstädten wird über ein Fahrverbot für alte Dieselfahrzeuge nachgedacht. Nun ist die Diskussion auch in Österreich angekommen. An einem solchen Fahrverbot führt in der Bundeshauptstadt Wien kein Weg vorbei. Dieser Ansicht sind zumindest die Wiener Grünen. Sie pochen auf die Einführung von Umweltzonen im Stadtgebiet. Denn der Dieselgipfel habe keine brauchbaren Ergebnisse zur Schadstoffreduktion gebracht, argumentierte Verkehrssprecher Rüdiger Maresch am Freitag.
Diesel-Stickoxide würden dadurch nicht ausreichend reduziert werden. Der Schutz von Mensch und Umwelt sei also nur über Umweltzonen möglich, so seine Schlussfolgerung. In diese dürften dann all jene Dieselautos, die die gültigen EU-Grenzwerte überschreiten, nicht einfahren. Konkrete Details gibt es aber noch nicht. Für Umweltzonen in Wien braucht es die Zustimmung des Koalitionspartners SPÖ. Maresch glaubt, die Roten seien "nicht strikt dagegen".
Häupl: "Aber wir diskutieren gerne darüber"
Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) steht den Umweltzonen jedoch eher skeptisch gegenüber, denn die Probleme gebe es nicht in der Innenstadt, sondern an den Hauptverkehrsrouten. Man könne nicht alles über einen Kamm scheren, betonte er. Wenn Umweltzonen in einer Stadt seine Berechtigung hätten, müsse dies woanders nicht unbedingt der Fall. In Wien sei die Südosttangente am stärksten befahren: "Was uns dort Umweltzonen bringen sollen, kann ich zur Stunde nicht ganz nachvollziehen. Aber wir diskutieren gerne drüber." Man wolle Änderungen nicht durch "Ärgern oder Vergraulen der Autofahrer" herbeiführen.
Wesentlich eindeutiger - nämlich klar ablehnend - äußerten sich am Freitag FPÖ und ÖVP. "Ein Dieselfahrverbot für Wien kommt nicht infrage", stellte FPÖ-Landesparteisekretär Anton Mahdalik per Aussendung klar. "Die hysterische Kampagne gegen die Diesel-Pkw in Europa darf auf jeden Fall nicht dazu führen, dass die vom grünen Beiwagerl ferngesteuerte SPÖ über ein Dieselfahrverbot nachdenkt oder gar eine Volksbefragung dazu in Erwägung zieht", adressierte er an die Stadtregierung.
ÖVP-Klubchef Manfred Juraczka appellierte an die Grünen, den "Feldzug gegen den Individualverkehr" zu beenden. Gemeinderätin Elisabeth Olischar forderte stattdessen Häuserbegrünungen, die Förderung der E-Mobilität und den Ausbau der Öffis, damit die Wiener freiwillig das Auto stehen lassen würden.
Umweltbundesamt prüft
Wo und wann derlei Fahrverbote für schadstoffreiche Autos - es gibt sie bereits in zahlreichen europäischen Städten - entstehen könnten, ist allerdings noch völlig offen. Das österreichische Umweltbundesamt sei als "neutrale Stelle" damit beauftragt worden, zu prüfen, in welchen Stadtteilen die Einführung sinnvoll wäre, ob es Ausnahmen für Feuerwehr oder Rettung geben kann und ob die Zonen immer oder etwa nur im Sommer oder Winter gelten sollen. Ergebnisse erwartet Maresch im Jänner oder Februar. Und wegen nötiger Vorlaufzeiten sei an eine Umsetzung "nicht vor zwei Jahren" zu denken.
Rückenwind für ihre Forderung bekommen die Grünen jedenfalls von Mediziner Hans-Peter Hutter, Sprecher der "Ärztinnen und Ärzte für eine gesunde Umwelt": "Die wissenschaftliche Evidenz ist überwältigend, was die Gefährlichkeit der Dieselabgase anbelangt" - und zwar seit inzwischen 30 Jahren, wie er betonte. Asthma, chronische Lungenerkrankungen oder Krebs seien Folgeschäden der Belastung, bei Kindern könne es zu irreparablen Verzögerungen des Lungenwachstums kommen. "Es gibt dazu haufenweise Studien, da brauchen wir jetzt nicht mehr darüber diskutieren", stellte der Facharzt klar.
(APA)