Einen Vermittler zwischen Clubs, Kultur, Anrainern und Politik: Die Neos fordern seit Längerem einen Nachtbürgermeister für die Stadt, auch die Grünen plädieren nun dafür. Die SPÖ wiederum sieht keinen Bedarf.
Wien. Best-Practice-Beispiele gibt es viele. London, Amsterdam, Zürich (siehe Artikel) oder Mannheim: Sie alle haben einen Nachtbürgermeister, der sich um Nachtwirtschaft und Nachtleben in der Stadt kümmert, Lokalbetreiber, Kulturschaffende, Anrainer vernetzt und vertritt, bei Behördenwegen hilft, aber auch mit der Polizei zusammenarbeitet.
Die Idee, dass auch die Millionenstadt Wien einen solchen Nachtbürgermeister bekommen sollte, ist nicht neu. Die Neos, die die Pläne seit mehr als einem Jahr verfolgen und immer wieder im Gemeinderat entsprechende Anträge einbringen, haben sie als Erste aufgebracht. Derzeit sammeln sie Unterschriften (eine Petition pro Nachtbürgermeister soll im Herbst eingereicht werden), am Dienstag fand auch eine Diskussionsrunde zum Thema statt.
Eingeladen waren auch Vertreter der Stadt vom Bürgermeister abwärts sowie mehrere Magistratsabteilungen. „Zugesagt hat aber niemand“, sagt Markus Ornig, Wirtschaftssprecher der Wiener Neos. „Und wir sind nur herumgeschickt worden, weil sich keiner zuständig fühlt. Das allein zeigt schon, wie wichtig ein Nachtbürgermeister ist.“ Denn in der Nacht liege auch viel wirtschaftliches Potenzial, das Wien noch nicht ausschöpfe: Ein florierendes Nachtleben würde Arbeitsplätze schaffen. Der Nachtbürgermeister solle aber, so Ornig, „keinesfalls ein Lobbyist für die Wirtschaftstreibenden“ sein, sondern alle Interessen – auch die der Anrainer – vertreten. Ginge es nach den Neos, würde er zur Hälfte über einen Verein, in den etwa die Klubszene einzahlt, finanziert werden und zur Hälfte durch Förderungen der Stadt. Jedenfalls aber müsse diese Figur „politisch unabhängig“ agieren können und sollte daher nicht bei der Stadt angesiedelt sein.
Wer soll zahlen?
Damit unterscheiden sich die Pläne der Neos von jenen der Grünen, die das Thema auch vor einiger Zeit für sich entdeckt haben. Die Grünen wiederum sehen den Nachtbürgermeister als Vorsteher eines Vereins, der (nur) von öffentlichen Stellen finanziert wird. Sonst sind die Aufgaben, die ein solcher Nachtbürgermeister übernehmen sollte, jenen der Neos sehr ähnlich: Hilfe bei mühsamen bürokratischen Hürden für Lokalbesitzer, mehr Vernetzung von Clubs und Kulturschaffenden, Vertretung der Anrainerinteressen. Auch die Wiener ÖVP äußerte sich in Medien zuletzt recht positiv – um dann im gleichen Atemzug ihre (alte) Forderung nach einer Stadtwache zu wiederholen.
Die SPÖ zeigt sich unbeeindruckt: Erst Ende Juni erklärte Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) im Gemeinderat, dass es in Wien für einen Nachtbürgermeister keine Notwendigkeit gebe und die Stadt die ihm zugedachte Vermittlerrolle bereits wahrnehme.
Tut sich also nichts? Nicht ganz. Die Stadt hat nun mit der Wirtschaftskammer eine Studie in Auftrag gegeben, die die Nachtwirtschaft in Wien, über die es derzeit kaum statistisches Material gibt, untersuchen soll. (mpm)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.07.2018)