"Klimaanlage Boden wird sukzessive zerstört"

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In Österreich werden täglich Flächen im Ausmaß von 30 Fußballfeldern versiegelt. Die fortschreitende Bodenversiegelung ist auch ein Grund für Hitze. Kurt Weinberger, Chef der Hagelversicherung, fordert ein Umdenken.

Österreich sei Europameister im negativen Sinn, warnt Kurt Weinberger, Chef der Österreichischen Hagelversicherung, vor den fatalen Auswirkungen des unkontrollierten Bodenverbrauchs hierzulande. Es gebe kein anderes Land mit derart vielen Einkaufszentren, Parkplätze, Straßen und leerstehende Industrie- und Gewerbeimmobilien wie in Österreich. "Das sind Flächen, die versiegelt sind, und somit kein Wasser aufnehmen und kein CO2 speichern können", erklärt Weinberger.

Zudem sei bei versiegelten Flächen die natürliche Kühlung nicht mehr gegeben. Das macht sich besonders im städtischen Bereich als "urban heat island effect" massiv bemerkbar. Aber auch der ländliche Raum sei davon nicht ausgenommen, führt der Chef der Hagelversicherung weiter aus. wo die Zersiedelung der Orte vorangetrieben wird und Ortskerne vergreisen, führen diese versiegelten Flächen schon zu Temperaturerhöhungen.

Er fordere einen bewussteren Umgang mit der natürlichen Ressource Boden. Die Aufklärung müsse bereits bei den Kindern beginnen. Man müsse ihnen klar machen, dass der Boden unsere Lebensgrundlage ist; wer Boden verbaut - zerstöre Leben, so Weinberger. Und veranschaulicht dies an einem Beispiel: "In einer Handvoll Erde sind sieben Milliarden Lebewesen."

Jeden Tag werden in Österreich durchschnittlich 20 Hektar oder 30 Fußballfelder verbaut. Damit werde die Lebensmittelversorgung, tausende Arbeitsplätze und Österreich als attraktives Tourismusland aufs Spiel gesetzt. "Wir alle in Österreich spüren in den letzten Tagen die hohen Temperaturen, die zum Teil auch auf die rasante Verbauung unserer Böden, die als natürliche Klimaanlage fungieren, zurückzuführen sind", ergänzt Weinberger.

Anreizsystem für leerstehende Immobilien

Die Hagelversicherung schlägt ein Bündel an Maßnahmen vor. Dazu gehören unter anderem eine Beschränkung des Bodenverbrauchs auf 2,5 Hektar pro Tag, die Revitalisierung leerstehender Industrie-, Gewerbe- und Wohnimmobilien, den Ausbau des öffentlichen Verkehrs sowie ein Umdenken bei der Umsetzung von Bauvorhaben sowie die Einrichtung einer österreichweiten Leerstandsdatenbank.

Laut Umweltbundesamt stehen in Österreich Immobilien im Ausmaß von 40.000 Hektar leer. Das entspricht ungefähr die Fläche der Stadt Wien. Ein steuerliches Anreizsystem soll die Revitalisierung leerstehender Immobilien attraktiver machen, denn Bauen auf der grünen Wiese sei billiger als in Altsubstanz zu inverstieren, führt Weinberger aus. Auch die öffentliche Hand muss eingebunden werden. Die Länder und der Bund müssen mithelfen, fordert Generaldirektor Weinberger auch Unterstützung von der Politik.

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