Die oberösterreichische Gemeinde wehrt als erster Ort Österreichs Besucher ab. Busunternehmen müssen künftig Slots kaufen.
In Hallstatt, der idyllischen 758-Einwohner-Gemeinde, hat der Begriff Overtourism eine neue Qualität bekommen: eine Million Gäste kamen im Vorjahr, nicht weniger als 19.344 Reisebusse wurden gezählt. Jetzt zieht der Ort die Notbremse: Das "Verkehrskonzept Hallstatt 2018", das die Marktgemeinde der Bevölkerung dieser Tage im örtlichen Kulturhaus präsentierte, hat es in sich: Der vom Massentourismus geplagte Ort ringt sich erstmals dazu durch, Bustouristen auszusperren. "Die werden am störendsten empfunden, weil sie in großen Gruppen nur durch den Ort spazieren und gleich wieder weiterfahren", sagt Bürgermeister Alexander Scheutz (SPÖ).
Die Zahl der Reisebusse werde bereits heuer deutlich reduziert, berichten die "Oberösterreichischen Nachrichten". Auf welche Zahl, ist noch offen. Busunternehmen müssen künftig Slots kaufen, bevor sie in den Ort fahren dürfen. Die Slots sind nur in limitierter Zahl vorhanden und gelten nur innerhalb eines bestimmten Zeitfensters. Vorbild ist dabei die Stadt Salzburg, in der Slots 2018 mit Erfolg eingeführt wurden. Allerdings nicht, um die Zahl der Reisebusse zu begrenzen, sondern um diese besser über das Stadtgebiet zu verteilen.
Tourismus ist aber lebenswichtig
Die Entscheidung fiel den Hallstättern nicht leicht, ist doch der Tourismus für die strukturschwache Gemeinde lebenswichtig. Bürgermeister Scheutz wird denn auch nicht müde, auf seine positiven Effekte hinzuweisen: Die Tagesbesucher generieren hohe Umsätze in der Gastronomie und im örtlichen Handel. Auch seine funktionierende Nahversorgung verdankt der kleine Ort den vielen Gästen. Sogar der traditionsreiche Salzbergbau profitiert. "Die vielen Touristen in den Salzwelten sind von großer Bedeutung für uns", sagt Peter Untersperger, Vorstandsvorsitzender der Salinen Austria.
Doch die Grenze ist erreicht. Viele Hallstätter haben inzwischen das Gefühl, als Statisten in einem Freilichtmuseum zu leben. Touristen dringen in ihre Privatgärten ein und lassen zum Filmen Drohnen über ihre Häuser steigen. Als bei der Gemeinderatswahl 2015 die Bürgerliste Hallstatt aus dem Stand 28 Prozent der Stimmen bekam, war der Kampf gegen den Massentourismus eines ihrer zentralen Anliegen.
Mit Hilfe eines Bürgerbeteiligungsprozesses ließ Bürgermeister Scheutz das nun vorliegende Maßnahmenbündel erarbeiten. Es sieht auch strengere Kontrollen und Zufahrtssperren vor. Zur besseren Besucherlenkung im Ort soll eine mehrsprachige "Hallstatt-App" entwickelt werden. Scheutz kann sich vorstellen, dass die Zahl der Besucher um rund 30 Prozent reduziert wird.
Nachbau Hallstatts in China
Vor allem Chinesen lieben den kleinen Ort im Salzkammergut. Seit 2012 in der Stadt Luoyangzhen ein Nachbau Hallstatts eröffnet worden ist, kennt der Wunsch, den "echten" Ort zu besuchen, kein Grenzen. Das klassische Österreich-Programm sieht vier Orte vor, die sie im Rahmen einer Busrundfahrt ansteuern (und fotografieren): Innsbruck, Salzburg, Hallstatt und Schönbrunn.
(red)