Machtkampf um EU-Staatsanwalt

Laura Codruţa Kövesi erhielt 26 Stimmen.
Laura Codruţa Kövesi erhielt 26 Stimmen.REUTERS
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Das Europaparlament spricht sich für die Rumänin Laura Codruţa Kövesi aus – die Regierungen präferieren jedoch Frankreichs Kandidaten.

Brüssel. Wer soll ab dem kommenden Jahr Europas oberster Korruptionsjäger werden? Die Bestellung des ersten Europäischen Generalstaatsanwaltes läuft auf einen Machtkampf zwischen den nationalen Regierungen der 22 teilnehmenden Mitgliedstaaten und dem Europaparlament hinaus. Am Mittwoch stimmte der seitens des Parlaments federführende Justiz- und Innenausschuss für die angesehene frühere rumänische Leiterin der Antikorruptionsbehörde, Laura Codruţa Kövesi. Sie erhielt 26 Stimmen. Jean-François Bohnert, Generalstaatsanwalt in Reims, bekam 22 Stimmen, Andrés Ritter, leitender Oberstaatsanwalt in Rostock, erhielt eine. Tags zuvor hatte Kövesi im Rahmen der Anhörung aller drei Kandidaten auch den Haushaltskontrollausschuss des Parlaments überzeugt; auch dort wurde sie erstgereiht.

Starkes Lobbying Frankreichs

Die nationalen Regierungen hingegen neigen nach derzeitigem Stand der Dinge klar zu Bohnert. Bei einer Abstimmung der EU-Botschafter vorige Woche erhielt er 50 Punkte und Kövesi sowie Ritter jeweils 29. Diese Abstimmung gibt zwar nicht bindend die Position des Rates wieder, also des Entscheidungsgremiums der Mitgliedstaaten. Sie zeigt aber, wie wirkungsvoll das Lobbying der französischen Regierung für ihren Kandidaten Bohnert war.

Nun müssen sich Rat und Parlament einigen, wer die Europäische Staatsanwaltschaft leiten soll. Ein genaues Prozedere dafür, wie vorzugehen ist, wenn sie einander widersprechen, sieht die zugrunde liegende Verordnung nicht vor. Auf Anfrage der „Presse“ erklärte eine mit dem Verfahren vertraute Diplomatin, dass nun die EU-Botschafter von Finnland, Portugal und Kroatien mit dem Parlament verhandeln werden. Das entspreche den Gepflogenheiten im Rat, denen zufolge jene Regierungen, deren Kandidaten in der Ziehung sind, nicht an den Verhandlungen mit dem Parlament teilnehmen. Damit bleibt im konkreten Fall der rumänischen Regierung, welche den Ratsvorsitz der EU führt, die Peinlichkeit erspart, über Kövesis Kandidatur reden zu müssen, die sie aktiv zu sabotieren versucht. Die 45-jährige Juristin hatte sich nämlich bei den regierenden Sozialdemokraten mit Ermittlungen gegen deren Parteichef, Liviu Dragnea, unbeliebt gemacht. Als Folge dessen wurde sie voriges Jahr des Amtes enthoben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.02.2019)

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