Rumänien: Korruptionsjägerin angeklagt

Rumäniens Sozialdemokraten wollen Laura Kövesi (45) auf keinen Fall auf dem Posten der EU-Generalstaatsanwältin sehen.
Rumäniens Sozialdemokraten wollen Laura Kövesi (45) auf keinen Fall auf dem Posten der EU-Generalstaatsanwältin sehen.(c) APA/AFP/DANIEL MIHAILESCU (DANIEL MIHAILESCU)
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Hexenjagd der Sozialdemokraten auf Laura Kövesi.

Bukarest/Wien. Mit der Anklageerhebung gegen die inzwischen europaweit berühmte Korruptionsjägerin Laura Codruta Kövesi erreicht der Kampf der regierenden rumänischen Sozialdemokraten (PSD) gegen ein unabhängiges und effizient funktionierendes Justizsystem einen neuen Höhepunkt. Eine umstrittene Sonderstaatsanwaltschaft klagt Kövesi auf Grundlage fadenscheiniger Vorwürfe wegen Korruption an. „Es ist eine Maßnahme, die mich ruhigstellen soll“, kommentierte sie selbst die jüngste Entwicklung.

Kövesi ist auf Wunsch des EU-Parlaments Anwärterin auf die Leitung der neuen Europäischen Staatsanwaltschaft, die 2020 als unabhängige Strafverfolgungsbehörde bei Finanzdelikten zum Nachteil des EU-Haushalts die Arbeit aufnehmen soll. Die in Bukarest regierende PSD, vor allem aber ihr Vorsitzender, Liviu Dragnea, tut alles, um Kövesis Avancement auf diesen Posten zu verhindern. Jetzt wurde sie unter polizeiliche Aufsicht gestellt und ein Ausreiseverbot gegen sie verhängt.

Dragneas Vorgehen gegen Kövesi gleicht längst einer Hexenjagd. Bis zum Sommer 2018 war sie Chefin der rumänischen Antikorruptionsbehörde DNA, hatte zahlreiche PSD-Politiker hinter Gitter gebracht. Dann erreichte Dragnea, der selbst wegen einer Vorstrafe nicht Premier werden kann und jetzt als PSD-Chef und Parlamentspräsident aus dem Hintergrund die Fäden zieht, dass Kösevi als Korruptionsjägerin abgesetzt wurde und eine Sonderstaatsanwaltschaft gegen sie ermittelte.

Oliver Jens Schmitt, Professor am Institut für Osteuropäische Geschichte an der Uni Wien und einer der besten Rumänien-Kenner in der akademischen Welt, charakterisiert die PSD als „postkommunistische Oligarchenpartei, die von Personen beherrscht wird, die entweder rechtskräftig verurteilt sind oder eine Haftstrafe befürchten müssen. Ihr Geschäftsmodell besteht im Wesentlichen aus dem Missbrauch von EU-Fördergeldern.“ Kein Wunder, dass die PSD mit allen Mitteln verhindern will, dass Kövesi Leiterin der Europäischen Staatsanwaltschaft wird.

Am Freitag warnte die EU-Kommission im Zusammenhang mit dem Fall Kövesi vor einem Rückbau des Rechtsstaats in Rumänien, das derzeit auch noch die Ratspräsidentschaft der Union innehat. Die Alarmglocken schrillen auch im Land selbst: Staatspräsident Klaus Johannis will seine Landsleute am 26. Mai darüber abstimmen lassen, ob sie eine effiziente Justiz zur Korruptionsbekämpfung unterstützen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.03.2019)

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