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Doormen und Concierges ohne Anwesenheitspflicht

Concierge im Ambassy im Wiener Diplomatenviertel in der Beatrixgasse.
Concierge im Ambassy im Wiener Diplomatenviertel in der Beatrixgasse.(c) Rohr Real Estate
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Onlinesysteme und Apps übernehmen und ergänzen die Dienste im Entree.

Die Hemden wollen in die Putzerei, der Fischhändler will die Goldbrasse für den Abend anliefern, und die Wohnung sollte auch noch geputzt werden, ehe ihre Besitzer aus dem Ausland zurückkehren: Luxuriöses Wohnen in Wien beschränkt sich im Jahr 2019 nicht mehr nur darauf, möglichst viele edle Wohnquadratmeter in bester Lage zu umfassen, sondern wird immer mehr auch durch das Service definiert, das mit der Wohnung einhergeht.

Gefragte Services

In den neueren Topprojekten wird daher seit ein paar Jahren das Konzept des Doormans oder Concierge mitverkauft, der beziehungsweise die am Entree sitzt, freundlich grüßt und Besucher in die richtigen Etagen schickt. Dieser weiß selbstverständlich außerdem, wo sich verlässliches Reinigungspersonal anheuern lässt, wie man Karten für die nächste Theaterpremiere bekommt und einen Tisch im angesagten Restaurant dazu. Solche Dienstleistungen sind angenehm und werden zunächst von allen gern angenommen – sie haben aber wie alle guten Dinge ihren Preis. Und der ist manchen langfristig dann doch zu hoch, vor allem in Häusern, die wenige große Einheiten beherbergen. Denn Doorman- oder Concierge-Dienste schlagen je nach Dauer der Anwesenheit und Art des Angebots mit einem bis zwei Euro pro Quadratmeter in der Betriebskostenabrechnung zu Buche. Da macht es einen Unterschied, ob die eigene Einheit 75 oder 300 Quadratmeter hat. In manchen Häusern ist man daher zu einem anderen Konzept übergegangen, das wesentlich preisgünstiger ist. Die Rede ist von einer elektronischen Mischung aus Doorman, Hausverwaltung und Nachbarschaftsinitiative, die natürlich im dritten Jahrtausend als App daherkommt.

Eines dieser neuen Tools hört auf den Namen „Puck“, wurde von JP Immobilien mitentwickelt und kommt seit knapp drei Jahren nicht nur in JP-Projekten zum Einsatz, sondern auch bei Hausverwaltungsriesen wie der IMV Immobilien-Management. Damit lassen sich die unterschiedlichsten Erledigungen rund um das Wohnen am Handy oder Tablet erledigen. Das beginnt mit dem berühmten „Der Lift geht nicht“ und funktioniert ebenso bei der Reservierung der diversen Zusatzräume, die es in den neuen Luxusprojekten immer öfter gibt. „Damit können beispielsweise Salons, Massageräume oder der Weinkeller reserviert werden“, erläutert Julia Wawrik, COO der Puck-Immobilien-App Services.

Auch elektronische Concierges kümmern sich um die ihnen aufgetragenen Aufgaben - wie etwa der von JP Immobilien mitentwickelte "Puck".
Auch elektronische Concierges kümmern sich um die ihnen aufgetragenen Aufgaben - wie etwa der von JP Immobilien mitentwickelte "Puck".puck immobilien app services

Privates Kino buchen

Mittlerweile werden solche Möglichkeiten auch in Häusern mit eigenem Doorman angeboten – als zusätzliches Service für Zeiten, wenn der Empfang einmal nicht besetzt ist. „In Projekten wie dem Ambassy in Wien kann man mit einem solchen Onlinesystem etwa das Heimkino unabhängig vom Doorman buchen“, berichtet Elisabeth Rohr, Inhaberin von Rohr Real Estate. „Das funktioniert dann so ähnlich, wie man einen Tisch im Restaurant online reserviert.“ An die Grenzen stoßen die elektronischen Concierges allerdings dort, wo doch wieder eine persönliche Betreuung oder Kontrolle gefragt ist: „Wenn ein internationaler Kunde in Wien wissen will, wo man denn gut essen gehen kann, interessiert der sich nicht für Trivago-Vorschläge, sondern will einen Geheimtipp von einem Einheimischen“, weiß Rohr. „Und auch bei der Bestellung von Handwerkern ist es natürlich etwas anderes, wenn ein Concierge noch einmal kontrolliert, ob alles erledigt ist.“ Vieles lässt sich ohne Betreuer aus Fleisch und Blut aber genauso gut organisieren, beispielsweise mit einem fest installierten Tablet im Eingangsbereich, das das Schwarze Brett ersetzt – und zwar aktueller und eleganter. Was nicht nur auf der Eigentümer-, sondern auch auf der Hausverwaltungsseite für Erleichterung sorgt, wie IMV-Prokurist Markus Woratschek weiß: „Wenn der Lift nicht geht und man am Board gleich sehen kann, dass der Defekt bereits gemeldet wurde und jemand kommt, spart das viele Anrufe.“

Das Unternehmen setzt das System seit dem Frühling 2018 ein und hat damit laut eigenen Angaben bisher gute Erfahrungen gemacht. „Die Anmeldequote in diesen eineinhalb Jahren liegt bei rund 40 Prozent“, berichtet der Hausverwaltungsprofi. Vor dem Hintergrund, dass es sich dabei derzeit noch um eine zusätzliche Anwendung handelt – alle relevanten Infos werden nach wie vor auch per Post verschickt – eine beachtliche Quote. Im Luxussegment werden vor allem die mit dem System ebenfalls verbundenen Video-Gegensprechanlagen genutzt, mit denen sich über die App nachschauen lässt, wer vor der Tür steht. „Und quer durch alle Schichten sind die Unterlagenabfragen sehr beliebt“, sagt Woratschek. „Damit kann der Nutzer vom Energieausweis über das Protokoll der letzten Eigentümerversammlung bis zur Betriebskostenabrechnung alles abrufen.“

Anlieferungsboxen

Zu den populärsten Gadgets der neuen Systeme gehören aber fraglos die Anlieferboxen, die in ihrer Funktionalität einem Doorman kaum nachstehen – und in Zeiten von Amazon und Zalando jede Menge Wege ersparen. „Diese lassen sich auch in Altliegenschaften nachrüsten. Bei uns sind sie zudem systemoffen, sodass sowohl die Post als auch DHL, DPD oder andere Dienstleister ihre Pakete dort hineingeben können“, berichtet Julia Wawrik. Der Empfänger bekommt dann per App einen Code, mit dem sich die Box beim Heimkommen öffnen lässt. „Außerdem lassen sich die Boxen so nutzen, dass man einen Schlüssel darin hinterlegen und seinem Nachbarn einen Code zukommen lassen kann, damit dieser beispielsweise die Blumen gießen kann“, erklärt sie.

Was gut mit einer weiteren Funktionalität der neuen Systeme zusammenpasst: dem Schaffen einer Community. Denn über die Apps lassen sich WhatsApp-Gruppen im Haus organisieren, Babysitter finden oder Leitern ausborgen – und das nicht mit irgendjemandem im Netz, sondern mit Menschen, die nachweislich Nachbarn sind, auch wenn man ihnen noch nie begegnet ist.

SERVICIERTES WOHNEN

Luxusimmobilien haben immer öfter einen Doorman oder Concierge im Entree, der sich um Lieferungen, Besucher oder das Koordinieren von Dienstleistungen kümmert. Ergänzend dazu kommen zunehmend hausinterne Onlinesysteme zum Einsatz, mit denen sich die verschiedensten Dienste genauso bequem erledigen lassen. Mit diesen lassen sich darüber hinaus die verschiedensten Hausverwaltungsinfos abrufen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2019)

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