180.000 Menschen gingen am Donnerstag auf die Straße, um gegen die geplante Pensionsreform von Präsident Macron zu protestieren. Doch dieser will hart bleiben.
Gleiche Regeln für alle und keine Privilegien! Das müsste in Frankreich, wo die „Egalité“ als gesetzgebendes Prinzip der Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung hoch gehalten wird, eigentlich wie eine schöne Fortschrittsverheißung klingen. Die von Präsident Emmanuel Macron gewünschte Vereinheitlichung des derzeit komplizierten Pensionierungssystems und die Abschaffung zahlreicher Sonderkassen im öffentlichen Dienst und in diversen freiberuflichen Gewerben wird stattdessen als Frontalangriff auf die sozialen Errungenschaften der Nachkriegszeit verstanden.
Jacques Chiracs Premierminister Alain Juppé war der Letzte, der 1995 eine umfassende Reform riskiert hatte. Nach mehrwöchigen Streiks, die das Land lahmlegten, musste Juppé einlenken. Seither gab es bloß schrittweise Anpassungen wie die Erhöhung des offiziellen Rentenalters von 60 auf 62. Noch immer steht Frankreichs Sozialstaat im europäischen Vergleich wie ein Musterbeispiel da. Das soll sich ändern.
Sowohl die Staatsführung, die ihre Pläne durchsetzen will, wie die Gewerkschaften, die zum großen Abwehrkampf mobilisieren, sind sich bewusst, dass diese Kraftprobe eine soziale Entscheidungsschlacht. Bei den Demonstrationen gegen die Regierungspläne ist es am Donnerstag in Paris zu Ausschreitungen gekommen. Macron betrachtet die tiefgreifende Modernisierung der Altersvorsorge als „Mutter aller Reformen“. Für die Gewerkschaften und die linke Opposition geht es um mehr als die Wahrung diverser Sonderinteressen. Das Sozialmodell, auf das Frankreich so stolz war, wird im Sinne einer wirtschaftsliberalen Logik der Defizitbekämpfung, infrage gestellt. Die Reformpläne der Regierung zu akzeptieren, käme für die Gewerkschaften einer bedingungslosen Kapitulation gleich.