Verbrechen

Gerasdorf-Mord: Posthume Botschaft des Getöteten aufgetaucht

NIEDEROeSTERREICH: MORDALARM IN GERASDORF - MANN MIT KOPFSCHUSS GETOeTET
NIEDEROeSTERREICH: MORDALARM IN GERASDORF - MANN MIT KOPFSCHUSS GETOeTETAPA/HERBERT P. OCZERET
  • Drucken

Der Ermordete stellt in dem Videovermächtnis einen Bezug zum dem Mordfall Israilov aus dem Jahr 2009 her. Von dem Bruder des mutmaßlichen Mörders ist ein Drohvideo aufgetaucht.

Der Fall des gebürtigen Tschetschenen Martin B. alias "Ansor aus Wien", der am 4. Juli in Gerasdorf unweit von Wien erschossen wurde, beschäftigt die tschetschenische Diaspora in Wien weiter: Sowohl Anhänger und als auch Gegner des tschetschenischen Regionalpräsidenten Ramsan Kadyrow machten ihre Beschuldigungen und Beschimpfungen öffentlich. Insbesondere wurden Botschaften, die aller Wahrscheinlichkeit nach zuvor über interne Netzwerken verbreitet worden waren, in den letzten Tagen auch auf Youtube publiziert darunter auch ein ein posthum veröffentlichtes Video des Ermordeten.

Aufsehen erregte dabei ein am Donnerstag veröffentlichtes Youtube-Video, das mit "Botschaft des Bruders von Ansors Mörder" betitelt ist. Ein sonore tschetschenische Männerstimme spricht dabei unter anderem Drohungen gegen Personen aus, die den mutmaßlichen Gerasdorfer Schützen Sar-Ali A. beschimpft haben sollen. In der Community geht man davon aus, dass das es sich beim Sprecher um Baj-Ali, einen älteren Bruder von Sar-Ali handelt. Unterstrichen wurde dieser Drohcharakter im Video durch eine Diashow mit Fotos, die Baj-Ali nicht nur als bewaffneten Kämpfer, sondern auch mit lokalen tschetschenischen Größen zeigen.

Ermordeter „outet" Kadyrow-Agenten posthum

Brisant ist auch ein mit 12. Juni 2020 datiertes Videovermächtnis mit dem Getöteten, das wahrscheinlich Angehörige oder Vertraute von Martin B. am Samstag auf Youtube stellten. Laut einer veröffentlichten russischen Übersetzung erklärte "Ansor aus Wien" dabei die Hintergründe einer kompromittierenden Situation, in der er sich kurz zuvor (am 11. oder 12. Juni, Anm.) habe filmen lassen. Er habe dies getan, um hiesige Kadyrow-Agenten sowie Tathelfer bei der Ermordung Umar Israilovs aus dem Jahr 2009 zu outen. Unter anderem nennt er den Spitznamen eines Tschetschenen, der laut Ermittlungsakten seinerzeit als Beschuldigter im Fall Israilov geführt wurde und dem mutmaßlichen Todesschützen bei Flucht nach Russland geholfen haben soll. Das Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung habe er über die aktuellen Vorgänge informiert, erzählte B..

"Warum ich das erzähle? Der Tod ist in den Händen von Allah", sagte er. Das Ziel dieser Videobotschaft sei, dass seinen Kindern nicht Schlechtes über ihn erzählt werde, erklärte B. vier Wochen vor seinem Tod.

Die Rede in Youtube-Videos war zuletzt war aber auch von den österreichischen Ermittlungen. Der in Schweden lebende Videoblogger Tumso Abdurachmanow berichtete etwa von der Fahndung nach einem weiteren gebürtigen Tschetschenen, den Ermittler in Österreich im Zusammenhang mit dem Gerasdorfer Tötungsdelikt suchen. Ursprünglich kursierte in der tschetschenischen Community die Ansicht, dass es sich bei Salman M. um die zweite festgenommene Person handelt. Doch nun erachtet man M. als dritten Mann. "Salman wurde nicht festgenommen, er ist auf der Flucht und die österreichische Polizei fahndet nach ihm", erklärte Abdurachmanow am Sonntagabend. Ein gut informierter Tschetschene aus der österreichischen Diaspora bestätigte diese Darstellung, wollte aber nicht namentlich genannt werden.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Wladimir Putin und Ramsan Kadyrow
Verbrechen

Gerasdorf-Mord: Kadyrow vermutet westliche Geheimdienste hinter Bluttat

In einer eigenwilligen Stellungnahme äußert sich der tschetschenische Republikschef zum Mord an Mamichan U. Kadyrow schiebt die Schuld auf ausländische Geheimdienste, die gegen ihn und Moskau intrigieren würden. Auch der Kreml nennt eine mögliche Verwicklung Kadyrows „unlogisch".
ABU DHABI, UAE - OCTOBER 15, 2019: Head of Chechnya Ramzan Kadyrov takes part in Emirati-Russian talks at the Qasr Al Wa
Tschetschenien

Kadyrows blutiger Rachefeldzug in Europa

Der autoritäre Machthaber will Kritiker im Ausland mundtot machen. In der russischen Teilrepublik wird die Bevölkerung mit Moral-Kampagnen gefügig gehalten.
Junge Männer in Wien
Diaspora

Tschetschenen in Österreich: Schwierige Suche nach Normalität

Die Community hat in den letzten 20 Jahren hierzulande Fuß gefasst. Politische Konflikte aus der Heimat und Probleme der Jugend erschweren das Ankommen in Österreich.
NIEDEROeSTERREICH: MORDALARM IN GERASDORF - MANN MIT KOPFSCHUSS GETOeTET
Mord

Gerasdorf: Auf getöteten Tschetschenen war Kopfgeld ausgesetzt

Gegen den Regimekritiker sollen in tschetschenischen Kreisen konkrete Mordaufträge kursiert haben.
NIEDEROeSTERREICH: MORDALARM IN GERASDORF - MANN MIT KOPFSCHUSS GETOeTET
Tschetschenen in Österreich…

Gerasdorf-Mord: Opfer war Kadyrow-Kritiker

Der 43-jährige Tschetschene hatte in Interviews schwere Vorwürfe gegen Regierungskreise in Grosny erhoben. Er machte Details über politische Auftragsmorde in Europa öffentlich und wurde nun wohl selbst zum Opfer.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.