Am Sonntag treten erstmals alle Parteien mit neuen Spitzenkandidaten an. Das ist nicht die einzige Premiere bei der Wahl.
Wien. Diesmal ist alles anders. Bei der Wien-Wahl am Sonntag treten alle (im Gemeinderat vertretenen) Parteien mit neuen Spitzenkandidaten an. Erstmals seit Jahrzehnten wird nicht ein rot-blaues Duell um Wien ausgerufen – bedingt durch die Schwäche der FPÖ nach einer Serie von Skandalen. Erstmals tritt ein früherer Parteichef mit einer eigenen Liste gegen seine ehemalige Partei in Wien an. Und erstmals findet der Urnengang unter dem massiven Eindruck einer Pandemie statt, die nicht nur das Leben in Wien völlig verändert hat, sondern auch den Wahlkampf.
Die Bürgermeisterpartei von Michael Ludwig kann recht entspannt in Richtung Sonntag blicken. Nach der Implosion der FPÖ sprechen Umfragen von einem ungefährdeten Sieg der SPÖ, die mit etwa 40 Prozent rund 20 Prozent vor der ÖVP liegt. Und genau hier liegt das rote Problem: die eigenen Wähler dazu zu motivieren, am Sonntag tatsächlich ins Wahllokal zu gehen (falls nicht zuvor mit Wahlkarte gewählt wurde).
Denn bei dem erwarteten Vorsprung könnten potenzielle SPÖ-Wähler „ihre“ Partei in Sicherheit wähnen und auf die Teilnahme an der Wahl verzichten. Ludwig versucht deshalb mit dem (völlig unrealistischen) Schreckgespenst einer Koalition gegen die SPÖ Sympathisanten zu motivieren. Mehr Sorgen dürfte Ludwig die Zeit nach der Wahl bereiten. Nach „Presse“-Informationen wollen viele in der Partei eine Koalition mit den Neos – nachdem die ÖVP einen (für die SPÖ inakzeptablen) „Mitte-rechts-Kurs“ für Wien fordert und die Reibereien mit den Grünen immer mehr zunehmen. Das Problem: Laut Umfragen könnte sich nur eine hauchdünne rot-pinke Mehrheit ausgehen. Und mit ein bis zwei Mandaten Überhang wird die SPÖ nicht in eine wackelige Koalition gehen. Denn bei jeder Abstimmung im Gemeinderat müsste Rot-Pink zittern, ob ein Mandatar krank wird und die Opposition dann Gesetze gegen Rot-Pink beschließen kann.