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Mitreden: Soll es Privilegien für Geimpfte geben?

Soll es Erleichterungen für Reisende geben, die gegen das Coronavirus geimpft sind? Oder sind Privilegien für Geimpfte kontraproduktiv? Diskutieren Sie mit!

Wer in ein anderes EU-Land reisen möchte, könnte in Zukunft neben seinem Reisepass auch einen Impfpass benötigen. Insbesondere wenn er oder sie bei Fluggesellschaften oder in Hotels belegen soll, dass eine Covid-19-Impfung bereits absolviert wurde. Der Vorstoß des griechischen Regierungschefs, Kyriakos Mitsotakis, wurde beim EU-Gipfel in Brüssel diskutiert. Die mächtigen EU-Länder Deutschland und Frankreich zögern allerdings noch. Zu wenige Personen haben bis dato Zugang zum Impfstoff, auch eine Spaltung der Gesellschaft soll vermieden werden.

Österreichs Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) steht der Idee grundsätzlich positiv gegenüber, ebenso wie die türkise Europaministerin Karoline Edtstadler. Sie sagte auf Anfrage der „Presse“: „Ich halte ein EU-weit abgestimmtes Impfzertifikat für ein sinnvolles Instrument.“ Allerdings solle es damit keine Impfpflicht durch die Hintertür geben. Die Einführung dürfe nicht zur Diskriminierung ungeimpfter führen, so das Europaministerium. Aber wie soll das funktionieren?

„Natürlich handelt es sich dabei um eine Impfpflicht durch die Hintertüre!“, schreibt etwa ein User, der Diskriminierung auf Reisen befürchtet.

Wolfgang Böhm, Leiter des EU-Ressorts der „Presse“ findet diese Debatte in einem Kommentar „verlogen“. Er schreibt: „Ja, es ist ein Druck auf Menschen: Doch den gibt es bei manchen Reisen schon lange, etwa wenn jemand zu einer Safari nach Afrika aufbrechen will – wofür Tropenimpfungen notwendig sind.“ Er fragt außerdem: „Was ist im Fall von Corona die Alternative?"

Ausgeschlossen kann derzeit jedenfalls nicht werden, dass zum Beispiel einzelne Fluggesellschaften nur noch Personen mit Impfung oder negativem Test befördern. Zudem ist davon auszugehen, dass mehrere Länder – insbesondere außerhalb der EU – künftig bei der Einreise eine Impfbestätigung verlangen. In Australien wird etwa besonders hart gegen die Pandemie vorgegangen, die Fluggesellschaft Quantas kündigte bereits einen verpflichtenden Impfnachweis für internationale Passagiere an.

Psychologe Ralph Hertwig vom Max-Planck-Institut sieht Einschränkungen für Nicht-Geimpfte oder gar eine Impfpflicht im Interview mit Ulrike Weiser nicht als zielführend an: „In dem Moment, wo der Staat sie paternalistisch vorschreibt, besteht die Gefahr, dass sich viele Menschen in ihrer Selbstbestimmung unangemessen eingeschränkt fühlen und sich reaktant verhalten“, so Hertwig.

Die Frage ist auch, wie weit die Impfungen überhaupt bis zur Urlaubssaison im Sommer fortgeschritten sind. Eine Quote von 70 Prozent peilt die EU-Kommission an, was aber schwer realisierbar ist. Und das liegt nicht nur an der Impfbereitschaft der Bevölkerung: Mehr als fraglich ist, ob bis Sommer überhaupt die notwendige Menge an Impfstoff zur Verfügung stehen wird.

(sk)

Diskutieren Sie mit: Soll es künftig Erleichterungen und Privilegien für Geimpfte werden? Welche Alternativen gibt es? Und: Wie kann Reisen und Tourismus in Zeiten von Corona funktionieren? 

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