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Mitreden: Welchen Politikern vertrauen Sie eigentlich noch?

Für Gernot Blümel gibt es offenbar Wichtigeres, als eine Entscheidung des Höchstgerichts. Aber nicht nur der Finanzminister sorgte zuletzt für Unmut. Wie ist es um die Demokratie und das Vertrauen in die Politik in Österreich bestellt? Diskutieren Sie mit!

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) sorgt für Empörung bei der Opposition: SPÖ, FPÖ und Neos brachten wegen seiner ausgebliebenen Aktenlieferung an den Ibiza-Untersuchungsausschuss eine Ministeranklage ein. Erst nach dem Exekutionsantrag des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) handelte Blümel. Aber warum eigentlich? Ulrike Weiser schreibt dazu in einem Leitartikel: „Gernot Blümel macht schlicht, was für Türkis nützlich ist. Demokratiepolitische Kollateralschäden sind dabei vor allem eines: egal.“

Weiser führt aus: „Der U-Ausschuss dauert bis Mitte Juli. Je später geliefert wird, desto weniger Zeit bleibt für die Akten. Zudem konnte ÖVP-Personal, das zuletzt vorm Ausschuss stand, nicht zu noch nicht Geliefertem befragt werden.“ Weiter meint sie im Artikel: „Beginnend bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat die ÖVP immer wieder gegen die 'spitzfindige' Justiz ausgeteilt“. Das habe man bisher nur von der FPÖ gekannt. Weiser glaubt dennoch, dass die türkise Strategie aufgehen wird: „Die öffentliche Meinung zum Ausschuss ist wenig positiv, der VfGH kein Massenthema, die Grünen halten still“.

Apropos: Was sagt der Koalitionspartner nun? Klubobfrau Sigrid Maurer erklärt im Interview mit Iris Bonavida: Was Blümel gemacht habe, sei „inakzeptabel“. Für seinen Politikstil sei „der Koalitionspartner allerdings selbst verantwortlich."

»Was denkt sich ein Politiker bei solchen Täuschungsversuchen eigentlich? Für wie blöd hält er die Öffentlichkeit?«

Anneliese Rohrer

Anneliese Rohrer findet indes in ihrer aktuellen Kolumne deutliche Worte: Die Öffentlichkeit werde gerade „für dumm verkauft". Rohrer spannt dann gleich einen weiten Bogen: Von den vielen Frauenmorden in Österreich und der viel zu späten Reaktion der Regierung über das Sparen bei den Terroropfern bis hin zur Missachtung des Verfassungsgerichtshofs. Auch die Vorgänge in der Tiroler Landespolitik sind Rohrer ein Dorn im Auge: „Ein Millionenauftrag ohne Ausschreibung, fehlerhafte Tests der Firma HG Pharma, Rücktritte von zwei Mitgliedern der Landesregierung – und für Landeshauptmann Günther Platter 'kann es nicht besser laufen'. Was denkt sich ein Politiker bei solchen Täuschungsversuchen eigentlich? Für wie blöd hält er die Öffentlichkeit?"

Die SPÖ ist indes mit einem abtrünnigen Hans Peter Doskozil beschäftigt, der sich kurz vor dem 1. Mai mit einem Paukenschlag selbst aus dem Spiel genommen hat und sich ins Burgenland zurückzieht. Wie lange, wird man sehen.

Der Vorsitzende der Landeshauptleute-Konferenz, Hermann Schützenhöfer (ÖVP) sagte in einem ausführlichen „Presse"-Interview am Wochenende zum Zustand der Innenpolitik: „Ich glaube, dass die Politik weiter abgewertet wird.“ Er meint außerdem: „Wir haben es heute damit zu tun, dass es doch laufend sprachliche Grenzverletzungen, Grenzüberschreitungen gibt“. Und Gewalt beginne bei der Sprache.

Die Politikverdrossenheit könne er nachvollziehen, sagt er. Und weiter:  „Mir geht der Diskurs über die Zukunft der Republik, der Länder, der Gesellschaft ab. Wir sind in einer diskussionsarmen Zeit. Ich meine, wir diskutieren nicht mehr in die Tiefe gehend, relativ oberflächlich, relativ primitiv, relativ abwertend der oder dem anderen gegenüber."

(sk)

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