Personalia

Sidlo bis Schmid: Wen der U-Ausschuss den Job gekostet hat

Der Sitzungssaal des U-Ausschusses im Camineum der Nationalbibliothek.
Der Sitzungssaal des U-Ausschusses im Camineum der Nationalbibliothek.APA/HELMUT FOHRINGER
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Öbag-Chef Schmid ist nach neuen Chatprotokollen mit sofortiger Wirkung zurückgetreten. In der Justiz bangen zwei Spitzenbeamte um ihre Posten.

Der Ibiza-Untersuchungsausschuss des Nationalrats hat in den vergangenen Monaten zu zahlreichen Rücktritten, Suspendierungen oder Abberufungen von prominenten Persönlichkeiten in Wirtschaft und Politik geführt. Dabei ging es oft nicht um den unmittelbaren Untersuchungsgegenstand des Ausschusses, sondern um in Chatprotokollen aufgetauchte andere Causen bzw. Äußerungen, die den Weg über den U-Ausschuss an die Öffentlichkeit fanden. Im Anschluss eine Übersicht über bisherige Jobverluste.

Etwas außer Konkurrenz läuft mit Ex-Casinos-Austria-Finanzvorstand Peter Sidlo der erste prominente Postenverlust im Zusammenhang mit dem Ausschuss. Der Ex-FPÖ-Bezirksrat wurde nämlich noch vor dem Beginn des Ausschusses nach nur einigen Monaten von seiner Funktion abberufen. Sein Fall war allerdings einer der Gründe für die Einberufung des Ausschusses, der "die mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung" untersuchen soll. Sidlo war mit Unterstützung der Novomatic zum Vorstand bestellt worden. Später gab es eine anonyme Anzeige, wonach die FPÖ im Gegenzug für die Bestellung Sidlos der Novomatic Entgegenkommen bei den Glücksspiellizenzen versprochen haben soll. Die Bestellung war dann in diversen Chats beteiligter Politiker thematisiert worden. Derzeit klagt Sidlo auf Auszahlung seines Vertrags.

Die Causa Sidlo führte dann auch zur Hausdurchsuchung bei Öbag-Chef Thomas Schmid, dem nun jüngsten Rücktritt im Zusammenhang mit dem U-Ausschuss und fleißigsten Chatter. Auf seinem Handy wurden von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Unmengen an digitalen Konversationen gefunden, die zum Teil wiederum zu weiteren Sicherstellungen führten. Schmid musste zunächst auf eine Verlängerung seines Vertrags verzichten, am Dienstag folgte der vorzeitige Rückzug aus seiner Funktion. Vorwürfe gegen ihn: Er soll die Ausschreibung für den Öbag-Vorstandsposten mitgestaltet und auf sich zugeschnitten haben sowie in seiner Zeit als Kabinettschef im Finanzministerium bei weiteren Bestellungen die Finger im Spiel gehabt haben. Dazu kamen abwertende Chat-Inhalte über Dritte. Seine Bestellung zum Öbag-Vorstand führte dann indirekt auch zu den noch laufenden Ermittlungen gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) - dieser soll im U-Ausschuss zu diesem Thema falsch ausgesagt haben, was er bestreitet.

Zwischen Sidlo und Schmid waren aber auch noch andere Persönlichkeiten von über den Ausschuss an die Öffentlichkeit gekommenen Chat-Protokollen betroffen. Zuletzt trat etwa Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter als Verfassungsrichter zurück. Unmittelbarer Auslöser waren Chats mit dem derzeit vorläufig suspendierten Sektionschef im Justizministerium, Christian Pilnacek, in denen letzterer etwa über den Verfassungsgerichtshof (VfGH) und die WKStA herzog und Brandstetter Interna aus dem Gerichtshof ausplauderte. Nach wie vor ermittelt wird außerdem zum Vorwurf, dass Brandstetter via Pilnacek dem Investor Michael Tojner Details einer Hausdurchsuchung verraten haben soll - was alle drei bestreiten.

Zumindest vorerst weg vom Fenster haben diese Chats Pilnacek selbst gebracht. Er wehrt sich derzeit gegen seine vorläufige Suspendierung beim Bundesverwaltungsgericht. Auch ihm wurde sein Handy abgenommen - unter anderem wurden darauf Fotos eines WKStA-Informationsberichts an die Oberstaatsanwaltschaft über eine bevorstehende Hausdurchsuchung bei Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) gefunden. Laut WKStA handelt es sich dabei um eine Verschlusssache, die nicht an Pilnacek hätte weiter gegeben werden dürfen. Dazu kommen noch Tipps an das Finanzministerium, wie auf das Justiz-Vorgehen reagiert werden soll.

Wegen des Verdachts der Verletzung des Amtsgeheimnisses ermittelt wird außerdem gegen den Leiter der Wiener Oberstaatsanwaltschaft, Johann Fuchs - und auch gegen ihn hat das Ministerium disziplinarrechtliche Schritte (eine Disziplinaranzeige beim OGH) ergriffen. Fuchs soll die Aktenteile an Pilnacek übermittelt und sich mit ihm über Verschlussakten unterhalten haben. Auch hier laufen die Ermittlungen noch, auch über die Disziplinarsache wurde noch nicht entschieden. Sowohl Pilnacek als auch Fuchs wiesen sämtliche Vorwürfe zurück.

Vergleichsweise geringer ist die Fallhöhe bei Kathrin Glock: Die Frau des Waffenherstellers Gaston Glock wurde aufgrund ihres Auftritts vor dem Ausschuss als Aufsichtsrätin der für die Flugsicherung zuständigen Austro Control abberufen.

Nicht ganz ohne Zusammenhang mit dem U-Ausschuss dürfte außerdem der Rückzug von Casinos-Generaldirektorin Bettina Glatz-Kremsner sein. Sie gab Ende März bekannt, ihren im April 2022 auslaufenden Vertrag nicht verlängern zu wollen - dafür führte sie "persönliche Gründe" an. Auch sie kommt allerdings in den Chat-Protokollen Schmids vor, der ihr etwa schrieb: "Du wirst dort CEO!" Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) wiederum bedankte sich bei ihr für die Unterstützung Sidlos. Im Rahmen der Casino-Ermittlungen wegen Sidlo wirft ihr die WKStA außerdem eine Falschaussage vor, die sie bestreitet.

(APA)

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