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Terrorgefahr am Flughafen Kabul: "Bedrohung sehr ernst"

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Die US-Botschaft rät US-Bürgern von einer Anfahrt zum Flughafen Kabul ab. Großbritanniens Staatssekretär erklärte, dass Geheimdiensten zufolge, ein Anschlag bevorstehe.

Die Sicherheitslage rund um den FlughafenKabuls spitzt sich wenige Tage vor dem mutmaßlichen Ende der militärisch gesicherten Evakuierungen erheblich zu. "Aufgrund der Sicherheitsbedrohungen vor den Toren des FlughafensKabul raten wir US-Bürgern, derzeit nicht zum Flughafen zu reisen und die Tore des Flughafens zu meiden", teilte die US-Botschaft mit. Es gebe "sehr, sehr glaubhafte" Hinweise von Geheimdiensten, dass ein Anschlag auf die vor dem Flughafen wartende Menschenmenge unmittelbar bevorstehe, sagt der Staatssekretär im britischen Verteidigungsministerium, James Heappey. "Ich kann nur sagen, dass die Bedrohung sehr ernst ist", sagt er der BBC. Gleichzeitig schwindet die Zeit für Evakuierungen.

US-Bürger, die sich derzeit am Abbey Gate, East Gate oder North Gate aufhielten, sollten das Gebiet "sofort" verlassen, warnte die US-Vertretung in Kabul. Die britische Regierung forderte Bürgerinnen und Bürger in der Nähe des Flughafens auf, sich an einen sicheren Ort zu begeben und auf weitere Anweisungen zu warten. Die deutsche Botschaft warnte in einem Schreiben an deutsche Staatsbürger vor Schießereien und Terroranschlägen.

Die deutsche Bundeswehr hatte bereits am Dienstag berichtet, dass zunehmend potenzielle Selbstmordattentäter der Terrororganisation Islamischer Staat in Kabul unterwegs seien. Ähnlich hatte sich US-Präsident Joe Biden geäußert. Praktisch täglich versuche ein örtlicher Ableger des IS, den Flughafen anzugreifen. Die Terrormiliz sei auch ein "erklärter Feind" der militant-islamistischen Taliban.

Abzug der Einsatzkräfte hat begonnen

Die USA halten unterdessen weiter an ihrem Truppenabzug bis zum 31. August fest. Das bedeutet ein Ende der Evakuierungsflüge der deutschen Bundeswehr schon in den kommenden Tagen. Auch die Türkei hat damit begonnen, ihre Soldaten aus Afghanistan abzuziehen. Damit dürfte auch die zeitweise besprochene Option vom Tisch sein, dass türkische Truppen den internationalen Flughafen in Kabul über das Ende des NATO-Einsatzes hinaus sichern. Unklar ist, ob Menschen auch nach dem 31. August über den Flughafen ausreisen können.

Die US-Regierung betonte, dass es keine "Frist" für ihre Bemühungen gebe, ausreisewilligen US-Amerikanern oder Afghanen zu helfen. Die Taliban hätten sich verpflichtet, Menschen über den 31. August hinaus sicheres Geleit zu ermöglichen, sagte Außenminister Antony Blinken. "Und wir haben sicherlich Anreize und Druckmittel gegenüber einer zukünftigen afghanischen Regierung, um sicherzustellen, dass dies geschieht", sagte Blinken weiter ohne ins Detail zu gehen.

Auch nach Angaben der deutschen Bundesregierung haben die Taliban zugesagt, dass Afghanen auch nach dem 31. August das Land verlassen dürfen. Das gab der deutsche Verhandlungsführer Markus Potzel nach Gesprächen mit Shir Mohammed Abbas Staneksai bekannt, dem Vizechef des politischen Büros der Taliban in Katar. Die Bundesregierung will weiterhin deutsche Staatsbürger und schutzbedürftige Afghanen mit zivilen Flügen von Kabul aus außer Landes bringen. Es geht um mehrere tausend Menschen.

Notfallpläne, sollte man doch länger bleiben müssen

Die USA gingen mit Stand Mittwochnachmittag (Ortszeit) davon aus, dass noch maximal 1500 US-Amerikaner in Afghanistan sind. Davon seien 500 bereits mit konkreten Anweisungen zu ihrer baldigen Evakuierung versorgt worden, erklärte das Außenministerium. Regierungsmitarbeiter versuchten weiter intensiv, die übrigen etwa 1000 Personen zu kontaktieren. Das Ministerium betonte, dass diese Zahl auch deutlich niedriger sein könnte. Biden hatte allen ausreisewilligen Amerikanern in Afghanistan die Ausreise aus dem Land versprochen und zugesichert, sie "nach Hause zu bringen"

Die US-Regierung hatte zuletzt immer wieder betont, dass sie ihre Mission bis zum 31. August abschließen könne. "Wir sind auf dem richtigen Weg", sagte die Sprecherin des Weißen Haues, Jen Psaki, am Mittwoch erneut. Der Präsident sei aber über Notfallpläne informiert worden, falls man doch länger bleiben müsse. Biden hatte das Außen- und Verteidigungsministerium angewiesen, diese Alternativpläne zu erarbeiten.

(APA/DPA)

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