Afghanistan-Resolution

UN-Sicherheitsrat erhöht Druck auf Taliban

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In einer Resolution verweist der Sicherheitsrat auf die Zusagen der Taliban vom Freitag, dass Afghanen das Land jederzeit und auf allen möglichen Wegen ungehindert verlassen dürften.

Der UN-Sicherheitsrat erhöht den Druck auf die militant-islamistischen Taliban, Afghanen ungehindert aus ihrem Heimatland ausreisen zu lassen. Eine entsprechende Resolution wurde am Montag vom mächtigsten UN-Gremium mit 13 Ja-Stimmen angenommen, Russland und China enthielte sich. In der Resolution verweist der Sicherheitsrat auf die Zusagen der Taliban vom Freitag, dass Afghanen das Land jederzeit und auf allen möglichen Wegen ungehindert verlassen dürften.

Der Sicherheitsrat "erwartet, dass die Taliban diese und alle anderen Verpflichtungen einhalten", heißt es darin. Die Resolution, die von Großbritannien und Frankreich zusammen mit den USA und Irland vorgelegt wurde, fordert zugleich, dass Afghanistan nicht zu einem Hafen für Terroristen und ihre Anschlagspläne werden dürfe. Ebenfalls hervorgehoben wird die Notwendigkeit für ungehinderten humanitären Zugang sowie die Wahrung der Menschenrechte, insbesondere "der Rechte von Frauen, Kindern und Minderheiten". Eine vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron zuletzt ins Spiel gebrachte UN-Sicherheitszone in Kabul wird in der Resolution nicht erwähnt.

Nach Angaben westlicher Diplomaten hatten sich die Vetomächte Russland und China bei Verhandlungen am Wochenende offen für eine Einigung gezeigt. Sie haben damit letztlich für einen der seltenen Durchbrüche im Sicherheitsrat gesorgt. Bei den meisten großen Krisen in den vergangenen Jahren waren sich die ständigen Mitglieder - vor allem die USA, China und Russland - oft uneins und blockierten gemeinsame Lösungen. UN-Resolutionen sind völkerrechtlich bindend.

Später am Montag sollten noch die Vertreter der fünf Vetomächte mit UN-Generalsekretär António Guterres zusammenkommen, um über die Lage in Afghanistan zu sprechen. Delegierte dämpften aber die Hoffnungen auf potenzielle Ergebnisse - es handle sich mehr um einen Austausch des UN-Chefs mit den ständigen Vertretern.

US-Truppenabzug auf Hochtouren

Der Abzug der US-Truppen aus Afghanistan geht unter extrem gefährlichen Bedingungen in die Endphase. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) griff am Montag erneut den Flughafen Kabul an. Nach Angaben der US-Regierung wurden fünf Raketen in Richtung des Airports abgefeuert. Drei seien außerhalb des Geländes gelandet, eine von einem Raketenabwehrsystem am Flughafen abgewehrt worden, sagte Generalmajor William Taylor am Vormittag (Ortszeit) im Pentagon.

Eine weitere Rakete schlug demnach innerhalb des Flughafengeländes ein, ohne Menschen oder Evakuierungsmission zu gefährden. Der Abzug der US-Truppen läuft auf Hochtouren, sie wollen bis Dienstag Afghanistan verlassen haben. Der in Afghanistan aktive Ableger des IS reklamierte den Raketenangriff für sich.

110 österreichische Staatsbürger und Menschen mit Aufenthaltstitel in Österreich wurden bisher außer Landes in Sicherheit gebracht. Das sagte Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP). Weiterhin würden einige Dutzend auf die Ausreise warten, ebenso würden sich weiter täglich neue Menschen melden, die nach Österreich ausreisen wollten. Bei den noch Wartenden handle es sich sowohl um österreichische Staatsbürger als auch jene mit Aufenthaltstitel.

Taliban-Sprecher Zabihullah Mujahid sicherte unterdessen die Rücknahme nicht asylberechtigter und möglicherweise straffälliger Afghanen aus Österreich und Deutschland zu. Im Interview mit der "Kronen Zeitung" (Montagabend online) bejahte er eine entsprechende Frage. "Ja. Sie würden einem Gericht vorgestellt werden. Das Gericht muss entscheiden, wie es mit ihnen weitergeht", sagte Mujahid. 1996 bis 2001 regierten die Taliban in Afghanistan mit extrem strikter Auslegung der Scharia.

(APA/Reuters/dpa)

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