Sollen Kurzstreckenflüge verboten werden? Oder sind Verbote der falsche Weg? Was wären die Alternativen? Diskutieren Sie mit!
In Österreich stellt derzeit die Debatte um die eskalierenden Corona-Zahlen alles in den Schatten - sogar den Klimagipfel in Glasgow. Dort findet noch bis 12. November die 26. UN-Klimakonferenz statt. Sie ist für viele die "letzten Chance", um der Klimakrise entgegenzuwirken. (Wer mehr darüber erfahren will, dem sei der hörenswerte Podcast mit "Presse"-Klimaexperte Matthias Auer empfohlen).
Rund um den Klimagipfel hat sich auch einmal mehr eine Diskussion zum Thema Luftverkehr gegeben. Zwei aktuelle Anlass-Fälle: Der britische Premier Boris Johnson hat für die Strecke von Glasgow nach London sein privates Flugzeug genutzt. Mit dem Zug könnte man die Strecke in viereinhalb Stunden zurückzulegen. Obendrauf war Zweck seiner Abreise ein Besuch in einem exlusiven Dinnerclub. Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zog Kritik auf sich, da sie sogar für die Strecke von Wien nach Bratislava in den Privatjet stieg. Mit dem Zug benötigt man rund eine Stunde zwischen den beiden Städten.
Nun werden Einzelfälle wie diese freilich nicht kriegsentscheidend sein im Kampf gegen den Klimawandel. Aber Umweltschutzorganisationen geht es um mehr. So setzt sich etwa Greepeace schon länger für Verbote von Kurzstreckenflügen ein. 80 Prozent der österreichischen Kurzstreckenflüge könnten (laut einer von Greenpeace in Auftrag gegebenen Studie) durch Bahnreisen ersetzt werden.
EU-Parlamentspräsident David Sassoli spricht sich unterdessen gegen ein Verbot aus und verweist auf das Potenzial von Elektroflugzeugen. Er meint: „Bevor wir über etwaige Verbote sprechen, sollten wir meiner Meinung nach bei dem immensen Potenzial für klimafreundliche Mobilität ansetzen, das derzeit noch nicht ausgeschöpft ist."
Die „Presse"-Leser sind laut einer Umfrage (Stand: Montagvormittag) geteilter Meinung:
Flughafen-Vorstand Günther Ofner schrieb bereits im Sommer in einem Gastkommentar, der Luftverkehr werde immer zum Sündenbock gemacht. Er meint: „Alle Verkehrsträger, auch die Luftfahrt, müssen ihren CO2-Ausstoß reduzieren.“ Allerdings seien Verbote nicht das richtige Weg. Stattdessen solle die Erzeugung synthetischer Kraftstoffe vorangetrieben werden.
Chef der Billigfluglinie Wizz Air, József Váradi, ist sich im Gespräch mit Jakob Zirm auch keiner Schuld bewusst. Er sagt, entscheidend für die Klimaschädlichkeit eines Fluges seien die Emissionen je Passagier, nicht der Preis des Tickets: „Wenn jemandem der Klimaschutz wichtig ist, dann sollte er nur mit Wizz Air fliegen. Denn Lufthansa oder AUA emittieren aufgrund ihrer alten Flugzeuge mehr als 90 Gramm pro Passagierkilometer."
Übrigens: Mehr als drei Viertel der Österreicher sind dem Fliegen gegenüber positiv eingestellt. Trotz Klimawandel.
(sk)
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