"Ökosoziale" Steuerreform

Steuerreform geht in vierwöchige Begutachtung

APA/HERBERT NEUBAUER
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Gegenüber der Präsentation der Steuerreform neu ist einPreisstabilitätsmechanismus im nationalen Emissionshandelsgesetz, der ab 2023 gelten soll.

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) hat am Montag die "ökosoziale" Steuerreform der türkis-grünen Regierung in die vierwöchige Begutachtung geschickt. Kernpunkt ist der Einstieg in die CO2-Bepreisung ab 1. Juli 2022. Im Gegenzug gibt es einen regional gestaffelten Klimabonus für die Bevölkerung. Der Einstiegspreis beträgt 30 Euro pro Tonne, er steigt bis 2025 auf 55 Euro. Neu ist ein Preisstabilitätsmechanismus zur Abfederung von Ausschlägen der fossilen Energiepreise.

Die Einnahmen aus der CO2-Steuer sollen kumuliert bis 2025 rund
fünf Milliarden Euro betragen, wobei sie 2022 nur rund eine halbe Milliarde ausmachen werden, weil es nur ein halbes Jahr ist. Der CO2-Preis fließt - je nach Öffi-Erschließung - als regionaler Klimabonus an die Bevölkerung zurück. Es wird 2022 vier Stufen geben: Nur in Wien sind es 100 Euro, in allen anderen Gemeinden bekommt man 133, 167 oder 200 Euro pro Jahr und Person im ersten Jahr. Für Kinder gibt es die Hälfte des "Regionalen Klimabonus". Ab 2026 soll es einen EU-weiten CO2-Emissionshandel für sämtliche Lebensbereiche geben.

Neuer Preisstabilitätsmechanismus ab 2023

Gegenüber der Präsentation der Steuerreform neu ist ein
Preisstabilitätsmechanismus im nationalen Emissionshandelsgesetz,
der ab 2023 gelten soll, wie das Finanzministerium bereits am
Wochenende bekannt gab. Steigen die fossilen Energiepreise für
private Haushalte im laufenden Jahr um mehr als 12,5 Prozent, so
soll sich die Erhöhung des CO2-Preises im Folgejahr halbieren.
Sinken die fossilen Energiepreise, wird die Erhöhung des CO2-Preises
im Folgejahr um 50 Prozent gesteigert. Damit sei ein Mechanismus
geschaffen worden, der Schwankungen der Energiepreise insbesondere
für Privathaushalte abfedere, wurde erklärt.

Zusätzlich zum Klimaaspekt wird es zahlreiche Entlastungen geben,
die sich bis 2025 auf 18 Milliarden Euro summieren. Sparmaßnahmen
als Gegenfinanzierung sind nicht vorgesehen, die Bundesregierung
geht davon aus, dass die Entlastungen durch zusätzliches Wachstum
und Betriebsansiedlungen finanziert werden und dass gleichzeitig
auch der Abbau der Staatsverschuldung möglich ist.

Die ebenfalls geplante Senkung der Lohnsteuer erfolgt stufenweise: Die 2. Einkommensstufe wird von 35 auf 30 Prozent ab Juli 2022 gesenkt, die 3. Einkommensteuerstufe von 42 auf 40 Prozent ab Juli 2023. Für kleine Einkommen werden die Krankenversicherungsbeiträge gesenkt. Der Familienbonus wird von 1500 auf 2000 Euro pro Kind und Jahr ab 1. Juli 2022 angehoben. Die gesamten Lohnnebenkosten sollen in Vollausbau der Steuerreform zu einer Entlastung des Faktors Arbeit um 4,7 Milliarden Euro und einer Senkung der Abgabenquote von 47,3 auf 46,2 Prozent führen. Unternehmen werden mittels Senkung der Körperschaftssteuer von 25 auf 23 Prozent bis 2024 (ein Prozent 2023 und ein Prozent 2024) um bis zu 700 Millionen Euro entlastet.

"Im Oktober haben wir die ökosoziale Steuerreform präsentiert. Nun sind die Gesetze fertig und werden in Begutachtung geschickt", sagte Finanzminister Blümel in einer Stellungnahme zur APA. "In Zeiten, in denen viele europäische Länder über Steuererhöhungen diskutieren, senden Steuersenkungen, insbesondere für die Wirtschaft, ein starkes Signal aus. Dadurch stärken wir die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Österreich und ziehen Investoren an."

Opposition übt Kritik

Kritik kam am Montag von der Opposition: Die SPÖ bemängelte die "falsche Verteilungswirkung" der Steuerreform. Lohnsteuern würden neunmal stärker als Gewinnsteuern steigen, so SPÖ-Vizeklubobmann Jörg Leichtfried in einer Aussendung. Er verwies auf eine Analyse der Arbeiterkammer (AK) zur Verteilungswirkung der Reform (abrufbar unter https://awblog.at/budget-2022/). "Die Arbeitnehmer*innen leiden unter der Teuerung, Wohnen und Heizen werden zur extremen Belastung. Es wäre gerecht und wirtschaftlich absolut sinnvoll, jetzt rasch die Lohnsteuern spürbar zu senken und 1700 Euro Monatseinkommen steuerfrei zu stellen", so Leichtfried in der Aussendung. "Stattdessen macht die Regierung den Konzernen ein 1,5 Milliarden Euro teures Steuergeschenk."

Auch die FPÖ übte Kritik: "In Österreich steigen derzeit die Energiepreise massiv an und durch die geplante CO2-Steuer wird Energie ab 1. Juli 2022 nochmals verteuert. Jetzt eine Kopplung der CO2-Steuer an die Energiepreise und damit der Bevölkerung eine Preisreduktion 'vorzugaukeln', ist eine reine Augenauswischerei", sagte FPÖ-Budget- und Finanzsprecher Hubert Fuchs in einer Aussendung. "Mit dieser Vorgangsweise machen ÖVP und Grüne den ohnehin schon sehr teuren Energiepreis trotzdem teurer.“ Die "aus Marketinggründen neu erfundene CO2-Steuer" sei in Wirklichkeit "nichts anderes als eine verdeckte
Mineralölsteuererhöhung". Überdies wird diese Steuer kompliziert durch den ÖVP-Finanzminister eingehoben und dann in Form des regionalen Klimabonus durch die Umweltministerin noch komplizierter und auch noch ungerecht verteilt. Wahrscheinlich wird die grüne Umweltministerin auch jeden Österreicher einen Werbebrief schicken, der wieder eine Stange Geld kostet", erklärte Fuchs.

(APA)

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