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ORF-Stiftungsrat beschließt Budget für 2023 und warnt vor 2024

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Stiftungsratsvorsitzender Lothar Lockl sprach von einer "sehr ernsten" Lage für das öffentlich-rechtliche Medienhaus. ORF-Chef Weißmann zeigte sich weiterhin zuversichtlich: "Wir wären schlechte Kaufleute, ohne Plan B in der Tasche", sagte er.

Die letzte ORF-Stiftungsratssitzung des Jahres ist am Donnerstag ganz im Zeichen der Finanzen gestanden, nachdem ORF-Chef Roland Weißmann vergangene Woche vor der "größten Finanzierungskrise" des öffentlich-rechtlichen Medienhauses ab 2024 gewarnt hatte. Das Budget für 2023 soll aber mit einem Ergebnis von 0,3 Millionen Euro noch ausgeglichen ausfallen und wurde von den Stiftungsräten einstimmig beschlossen.

Die Umsatzerlöse sollen 2023 mit 1,025 Milliarden Euro etwas höher als 2022 (ca. 998 Millionen Euro geplant) ausfallen. Das per GIS-Gebühr eingehobene Programmentgelt wird laut Prognose rund 676 Millionen Euro davon ausmachen (2022 ca. 664 Millionen Euro geplant), die Werbeerlöse ca. 218 Millionen Euro (2022 ca. 211 Millionen Euro) und sonstige Umsatzerlöse ca. 131 Millionen Euro (2022 rund 124 Millionen).

Herausfordernde Zeiten

Der ORF befinde sich in herausfordernden Zeiten, stellte Weißmann im Anschluss an die Sitzung vor Medien fest. "Man muss sich die Frage stellen: Was ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk wert?" Er selbst wolle den ORF etwa als Partner der Film-, Musik- und Kreativwirtschaft erhalten und dem Publikum weiterhin das bestmögliche Programm liefern. Doch gleichzeitig könne man nicht mehr ausgeben, als an finanziellen Mitteln vorhanden sei, so Weißmann. "Was wir an finanziellen Mittel bekommen, bleibt abzuwarten. Wir kämpfen aber für eine ausreichende Finanzierung", betonte er.

Hintergrund für die angespannte finanzielle Lage des ORF ist einerseits die starke Teuerung, die das heuer in Kraft getretene Gebührenplus von acht Prozent bereits im ersten Jahr der fünfjährigen Gebührenperiode übertreffen und in Kombination mit weiteren Faktoren wie GIS-Abmeldungen zu hohen Millionenverlusten ab 2024 führen dürfte. Andererseits muss der Gesetzgeber nach Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), wonach künftig auch für das Streamen von ORF-Programm Gebühren zu entrichten sind, die ORF-Finanzierung auf neue Beine stellen. Im Raum steht eine etwa auf Geräte wie Laptops erweiterte GIS, eine Haushaltsabgabe oder eine Finanzierung aus dem Bundesbudget. Der Gesetzgeber hat sich diesbezüglich noch nicht festgelegt.

"Am Ende des Tages werden wir alle Entscheidungen akzeptieren und entsprechend handeln", wollte sich Weißmann nicht auf ein präferiertes Modell festlegen. Er zeigte sich weiterhin zuversichtlich, dass der Gesetzgeber rechtzeitig eine Lösung liefern werde. "Wir wären aber schlechte Kaufleute, ohne Plan B in der Tasche", sagte der ORF-Chef.

Lockl: Lage "sehr ernst"

ORF-Stiftungsratsvorsitzender Lothar Lockl sprach von einer "sehr ernsten" Lage für das öffentlich-rechtliche Medienhaus. Er betonte: "Der ORF spart und arbeitet effizient." Das werde auch in Zukunft so sein. Man brauche aber Möglichkeiten, um zu investieren und das Publikum zu erreichen.

Thomas Zach, Leiter des ÖVP-"Freundeskreises" im ORF-Stiftungsrat, sagte, dass man mit dem Budget 2023 Handlungsfähigkeit erlangt habe. Die Jahre danach erarbeite man noch - etwa im Rahmen einer Sondersitzung des Finanzausschusses im Februar. Eine präferierte Variante für die künftige Finanzierung des ORF wollte auch er nicht nennen. Sie müsse nur rechtzeitig beschlossen werden, um die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags zu gewährleisten. "Wir sind in einem sehr engen Zeitkorsett", konstatierte Zach. Auch darauf, wie hoch die Finanzierung des ORF künftig ausfallen müsse, nannte er keine konkrete Zahl. Klar sei jedoch, dass in den nächsten Jahren eine "Lücke aufgeht", die ohne der massiven Teuerung wohl geschlossen wäre. Zach zeigte sich zudem überzeugt, dass der Stiftungsrat mit seiner gegenwärtigen Aufstellung die "bestmögliche Voraussetzung" zur Bewältigung der Lage aufweise.

Auch Heinz Lederer, Leiter des SPÖ-"Freundeskreises" im ORF-Stiftungsrat, forderte die Regierung auf, den "Zeitverlauf" für die Neuregelung der ORF-Finanzierung nicht aus den Augen zu verlieren. Er erhofft sich eine künftige Budgetierung in Höhe von ca. 740 Millionen Euro pro Jahr und damit rund 80 Millionen Euro mehr als heuer. Lederer plädierte dafür, alle drei künftigen Finanzierungsvarianten - GIS-neu, Bundesbudgetfinanzierung, Haushaltsabgabe - "am Leben zu erhalten". Als Notfallplan müsse aber eine GIS-neu ausgearbeitet werden. Und diese müsse auch "schneller und effektiver arbeiten", stellte Lederer Optimierungsbedarf fest. Auch solle sich die ORF-Geschäftsführung um die Refundierung von GIS-Gebührenbefreiungen vom Staat bemühen.

Neue Geschäftsführung für ORF Online und Teletext

Im Rahmen der Stiftungsratssitzung wurde mit Katharina Wagenhofer und Stefan Pollach eine neue Geschäftsführung der ORF Online und Teletext GmbH bestellt. ORF-Technikdirektor Harald Kräuter sieht damit künftig "zwei absolute Topprofis mit langjähriger Erfahrung" die Geschicke der ORF-Onlinetochter führen. Sie sollen die Digitalagenden des ORF vorantreiben und dass ORF.at-Netzwerk erfolgreich halten. Wagenhofer war seit 2007 als Prokuristin der ORF-Onlinetochter tätig und führte das Tochterunternehmen seit Juni 2022 gemeinsam mit Pollach als interimistische Geschäftsführerin. Pollach ist seit April dieses Jahres Leiter der Hauptabteilung Digitale Medien und Online in der Technischen Direktion.

Die 35 Stiftungsrätinnen und -räte beschlossen zudem die Jahressendeschemata für 2023 einstimmig. Laut Lockl weisen diese wenig Veränderung auf.

(APA)

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