Missbrauchsdarstellungen

Nehammer fordert schärfere Strafen für Besitz pädophiler Fotos

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP)
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP)IMAGO/SEPA.Media
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Der Fall Teichtmeister wird mehr und mehr zum Politikum: Die im §207a StGB vorgesehenen Strafen seien "derzeit lächerlich niedrig", meint der Kanzler.

Der Fall Teichtmeister wird mehr und mehr zum Politikum. Nachdem die Staatsanwaltschaft Wien dem mittlerweile vom Burgtheater entlassenen Schauspieler Florian Teichtmeister das Beschaffen und Horten von zehntausenden Dateien mit sexuellen Missbrauchsdarstellungen von Unmündigen und Minderjährigen vorwirft, verlangt Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) nun höhere Strafen für strafrechtlich überführte Täter. Die im §207a StGB vorgesehenen Strafen seien "derzeit lächerlich niedrig", meinte Nehammer.

"Gerade als Familienvater machen die schrecklichen und grausamen Taten, die gerade auch in den letzten Tagen wieder publik geworden sind, fassungslos und besonders betroffen", hielt der Kanzler in einer der APA übermittelten Stellungnahme fest. Neben höheren Strafen brauche es auch "eine klare Sprache", betonte Nehammer: "Es ist verharmlosend, von Kinderpornografie zu sprechen. Das ist Kindesmissbrauch und verdient keine Toleranz - schon gar nicht in Worten."

Strafrahmen kommt "einer Verharmlosung gleich"

In Österreich würden Vermögensdelikte strenger bestraft als Delikte gegen Leib und Leben und insbesondere Sexualdelikte, monierte der Kanzler. Insbesondere das Beschaffen, Besitzen und Verbreiten von sexuellen Missbrauchsdarstellungen von Kindern wird hierzulande seiner Ansicht nach zu milde sanktioniert. Während in Österreich für den Besitz von Kinderpornos - wirklichkeitsnahe Abbildungen einer geschlechtlichen Handlung mit bzw. an Kindern bis zu 14 Jahren - bis zu zwei Jahre Haft und für das Verbreiten derartigen Materials bis zu drei Jahre Haft drohen, sieht das Gesetz in Deutschland für dieselben Delikte Freiheitsstrafen von bis zu fünf bzw. bis zu zehn Jahren vor.

Zadic kann sich höhere Strafen vorstellen

Eine Straferhöhung kann sich auch Justizministerin Alma Zadic (Grüne) vorstellen, wie sie gegenüber dem TV-Sender Puls 24 erklärte. Allerdings seien härtere Strafen "nur ein Baustein" in einem größeren Paket: "Es braucht vorbeugende österreichweite Kinderschutzkonzepte für alle, die mit Kindern arbeiten." Die Justiz komme nur dann zum Zug, wenn schon etwas passiert sei. Darum seien insbesondere vorbeugende Maßnahmen wichtig: "Wir müssen alles tun, damit Kinder nicht Opfer sexualisierter Gewalt werden."

Die ÖVP habe den Grünen bereits konkrete Vorschläge zur Strafverschärfung übermittelt und Gespräche bzw. Verhandlungen über legistische Maßnahmen aufgenommen, gab Nehammer bekannt: "Strafen sind Ausdruck der Grenzen, die sich die Gesellschaft für unser Zusammenleben setzt. Und wenn es um Kindesmissbrauch geht und sexuelle Gewalt, dann braucht es härtere Grenzen, schärfere Gesetze und damit auch höhere Strafen." Die gegenwärtigen Strafrahmen für Kinderpornos kämen "einer Verharmlosung von Kinderschändern gleich", dies "kann und darf einfach nicht so bleiben", betonte der Bundeskanzler. Er ortete "eine Schieflage im Strafrecht, die behoben werden muss", daher habe er die betroffenen Ministerien ersucht, sich an einen Tisch zu setzen und gemeinsam Strafenkataloge sowie ergänzende Maßnahmen auszuarbeiten.

"Höheres Strafmaß alleine wird das nicht lösen"

Die SPÖ forderte am Mittwoch ein Maßnahmenpaket zum Schutz von Kindern und Jugendliche und zieht dafür "eine breite Diskussion statt Einzelmaßnahmen" vor, wie Kinder- und -Kinderrechtesprecher Christian Oxonitsch, Kultursprecherin Gabriele Heinisch-Hosek, Justizsprecherin Selma Yildirim und Frauen- und -Jugendsprecherin Eva-Maria Holzleitner in einer gemeinsamen Presseaussendung erläuterten: "Die Diskussion über ein höheres Strafmaß ist verständlich und angebracht, alleine wird das aber wenig lösen. Wir müssen auch über Opferschutz, Prävention und Aufklärung sprechen."

"Die Diskussion über ein höheres Strafmaß ist verständlich und angebracht, alleine wird das aber wenig lösen. Wir müssen auch über Opferschutz, Prävention und Aufklärung sprechen", hielten dem die SPÖ-Abgeordnete entgegen. Sie forderten mehr Personal für das Bundeskriminalamt, wo derzeit lediglich sechs Beamte und Beamtinnen bei suboptimaler technischer Ausstattung für die Aufklärung von Online-Kindesmissbrauch zuständig sind: "Es ist die Verantwortung der Regierung, für die entsprechenden Mittel zu sorgen." Darüber hinaus sollten Gewaltprävention stärker gefördert, Kinderschutzkonzepte - auch im Kulturbereich - österreichweit ausgebaut, Opferschutzeinrichtungen finanziell und personell gestärkt, die personelle Ausstattung der zuständigen Abteilung im Bundeskriminalamt verbessert und die Internationale Zusammenarbeit weiter gestärkt werden.

Auf einen Blick

Etwa 0,1 Prozent der männlichen Bevölkerung - rund 4500 Personen - hat aktuellen Schätzungen zufolge pädophile Gedanken. Bei Frauen tritt Pädophilie seltener auf.  Pädosexualität bezeichnet sexuelle Übergriffe von pädophilen Menschen an Kindern.

684 Anzeigen wegen sexuellen Missbrauchs Unmündiger (unter 14 Jahre) verzeichnet die Polizeistatistik im Jahr 2021.1921 Personen wurden nach Paragraf 207a angezeigt: Pornografische Darstellungen von Minderjährigen. Dass die Dunkelziffer wird weit höher geschätzt.

Seit 2013 gibt es ein eigenes Programm, gezielt für Pädophilie: "Nicht Täter werden." Über diess können sich Männer auch bei der Wiener Männerberatung melden: www.maenner.at

(APA/Red. )

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