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ORF-Haushaltsabgabe steht bevor: Alle sollen zahlen, aber weniger

„ORF-Rabatt ist entscheidend“: Medienministerin Susanne Raab (ÖVP).
„ORF-Rabatt ist entscheidend“: Medienministerin Susanne Raab (ÖVP). (c) Jana Madzigon
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Bis Jahresende haben ÖVP und Grüne nach einem Auftrag des Höchstgerichts über den ORF zu entscheiden. Jetzt gibt es erste Details.

Es war im Juli des Vorjahres, die Regierung befand sich im Strudel mehrerer Krisen von Corona bis zum Ukraine-Krieg, es gab Rücktritte, die Umfragewerte rasselten in den Keller. Kurzum: Türkis-Grün befand sich in einer politischen Ausnahmesituation. Und just in dieser Lage meldete sich der Verfassungsgerichtshof zu Wort und erteilte der Regierung einen gesellschaftspolitisch heiklen Auftrag vom Umfang eines echten Großprojekts, den man von allein nie auf die türkis-grüne Agenda genommen hätte: Das Höchstgericht war nämlich zu dem Schluss gekommen, dass es „gegen das Bundesverfassungsgesetz über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks verstößt“, wenn man die Programme des ORF über das Internet empfängt, ohne dafür aber Gebühren zu zahlen. Türkis-Grün muss also die Finanzierung des Öffentlich-Rechtlichen grundlegend neu ordnen – und zwar bis 31. Dezember. Spätestens dann würde die aktuelle Regelung außer Kraft gesetzt werden.

Zeitlich steht man mittlerweile also unter Druck: Da die Neuordnung auch auf EU-Ebene abgesegnet wird, muss in den nächsten Wochen eine Einigung erzielt werden. Doch bevor die beiden Koalitionspartner das tun, muss der ORF seine Sparpläne vorlegen. Das scheint nun, wie Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) am Freitagnachmittag erklärte, sehr wahrscheinlich.

Raab für Haushaltsabgabe

Denn Raab hat sich erstmals dazu bekannt, dass es anstelle der GIS-Gebühr zu einer Abgabe für alle Haushalte kommen soll, wenn der ORF dafür einen Sparkurs einschlägt. Zwischen ihr und ORF-Generaldirektor Roland Weißmann hatte es in den vergangenen Wochen mehrere Gesprächsrunden gegeben, sie sollen nicht immer reibungslos verlaufen sein. Raab beharrt auf einen „ORF–Rabatt“, indes hat Weißmann schon vor Monaten erklärt, dass der Öffentlich-Rechtliche eine gewaltige Finanzspritze – die Rede war von 325 Millionen Euro bis zum Jahr 2026 – benötigt, um überhaupt seine Standards halten zu können.

Ministerin Raab erklärte nun: „Entscheidend ist für mich, dass ein substanzieller ORF-Rabatt zugunsten der Menschen möglich wird. Die Österreicherinnen und Österreicher, die den ORF finanzieren, sollen weniger zahlen als bisher. Vor diesem Hintergrund kann ich mir einen ORF-Beitrag pro Haushalt vorstellen.“

In Raabs Ressort geht man also davon aus, dass Weißmann den Sparkurs mitträgt, der den „ORF-Rabatt“ für all jene, die auch bisher schon Gebühren gezahlt haben, möglich machen soll. Die Rede war in Regierungskreisen von Einsparungen in der Höhe von rund 300 Millionen Euro in den nächsten Jahren – das entspräche ziemlich genau jener Summe, die der ORF zusätzlich verlangt hat. Die soll damit also schlichtweg nicht fließen. Wo der Sender letztlich spart, ist laut Raabs Ressort „Sache des ORF“. Am Montag tagt dazu der ORF-Finanzausschuss – erst danach beginnen die echten Verhandlungen der Regierungsparteien: „Dazu werden wir nun mit dem Koalitionspartner in Verhandlungen treten“, richtete Raab aus.

Grüne „begrüßen“ ÖVP-Ansinnen

Zumindest in Grundsatzfragen dürfte das jedoch kein allzu komplexes Unterfangen werden: „Wir begrüßen die Entscheidung zur Einführung einer Haushaltsabgabe“, teilte der Parlamentsklub der Grünen auf „Presse“-Anfrage via Stellungnahme mit. Die Haushaltsabgabe sei „immer ein Grünen-Vorschlag und unser bevorzugtes Modell gewesen“, richtete der Klub aus. Denn: „Sie käme den einzelnen Haushalt günstiger und würde den ORF und den noch wichtiger gewordenen öffentlich-rechtlichen Auftrag gut absichern.“ Die Ökopartei sei „zuversichtlich, ein gutes Gesamtpaket zum Wohle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu finden“.

Einige Eckpunkte der künftigen Finanzierung des ORF scheinen bereits ziemlich fix: So ist Regierungskreisen zufolge nicht angedacht, die Länderabgaben, die auf das Programmentgelt je nach Bundesland in unterschiedlicher Höhe aufgeschlagen werden, abzuschaffen. Dieser Anteil liegt zwischen vier Euro wie in Tirol und sechs Euro wie in der Steiermark; Oberösterreich und Vorarlberg heben keine solche Gebühr ein. Abzüglich dieses Betrags soll sich, wie der „Kurier“ berichtet, die Haushaltsabgabe spätestens ab dem Jahr 2024 auf ungefähr 16,50 Euro belaufen. Zum Vergleich: Derzeit liegt das Programmentgelt bei rund 20 Euro.

Während nun also auch jene zur Kasse gebeten werden, die nur online ORF-Inhalte konsumieren, sollen Ausnahmeregelungen bestehen bleiben: Laut Medienressort werden jene Menschen, die aufgrund ihrer Einkommensverhältnisse von der nun auslaufenden GIS-Gebühr befreit sind, auch keine Haushaltsabgabe zahlen müssen.

Kritik am Vorhaben gibt es dennoch: Heinz Lederer, Leiter des SPÖ-Freundeskreises im ORF-Stiftungsrat, bedauerte, „dass sich das türkis-grüne Spardiktat zulasten von Filmschaffenden, Künstlern und Sportbegeisterten“ durchgesetzt habe. Der FPÖ ist es indes immer noch zu viel: Mit der Reform würden bald alle eine „Zwangsgebühr“ zahlen. Thomas Zach, Chef des ÖVP-Freundeskreises, äußerte sich nicht; Weißmann selbst will seine Sicht auf die Sparpläne in den kommenden Tagen kundtun.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.02.2023)

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