Ausländische Staaten bringen Staatsbürger aus dem Land. Rund 45 Österreicherinnen und Österreicher befinden sich laut Informationen des österreichischen Außenministeriums derzeit im Sudan.
Bei den Kämpfen im Sudan ist ein Mitarbeiter der ägyptischen Botschaft durch Schüsse verletzt worden. "Dies bestätigt die Notwendigkeit, das höchste Maß an Vorsicht zu wahren, um die Sicherheit unserer Bürger und unserer Vertretung zu erhalten", sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Kairo am Sonntag. Mehr Details zu dem Vorfall nannte er nicht.
In Ägyptens Nachbarland befinden sich nach Angaben aus Kairo Tausende Ägypter. Dem Ministerium zufolge begann Ägypten am Sonntag eine Evakuierung aus "sicheren Gegenden" im Land. Die meisten Angehörigen des ägyptischen Militärs sind bereits abgezogen.
USA, Großbritannien und EU-Staaten beginnen Evakuierungen
Angesichts der gefährlichen Lage im Sudan arbeiten ausländische Regierungen mit Hochdruck daran, Diplomaten und Staatsangehörige außer Landes zu bringen. Die USA, Großbritannien und mehrere EU-Staaten meldeten am Sontag entsprechende Vorkehrungen. Im Rahmen der Möglichkeiten werde man auch Staatsangehörige aus anderen EU-Ländern und weiteren Staaten mitnehmen, hieß es etwa aus Deutschland. Österreich hat keine eigene Botschaft im Sudan.
Für das nordostafrikanische Land ist die Vertretung in Ägypten zuständig. Rund 45 Österreicherinnen und Österreicher befinden sich laut Informationen des österreichischen Außenministeriums derzeit im Sudan, die meisten davon sind Auslandsösterreicher und deren Angehörige.
Die deutsche Bundeswehr habe mit einem entsprechenden Evakuierungseinsatz begonnen, teilte das Bundesverteidigungsministerium in Berlin am Sonntag mit. Ziel sei es, "in dieser gefährlichen Lage" im Sudan so viele deutsche Staatsangehörige wie möglich aus der Hauptstadt Khartum auszufliegen, hieß es auf Twitter.
Viele US-Arbeitskräfte bleiben im Sudan
Auch andere westliche Staaten drücken deshalb bei der Evakuierung ihrer Landsleute aufs Tempo. Die britische Regierung gab am Sonntag bekannt, diplomatisches Personal und Familienangehörige evakuiert zu haben. "Ich zolle dem Engagement unserer Diplomaten und der Tapferkeit des Militärpersonals Anerkennung, die diese schwierige Operation durchgeführt haben", schrieb Premierminister Rishi Sunak auf Twitter. "Wir verfolgen weiterhin alle Möglichkeiten, um das Blutvergießen im Sudan zu beenden und die Sicherheit der im Land verbleibenden britischen Staatsangehörigen zu gewährleisten."
Zuvor war bereits bei der Evakuierung der US-Botschaft in der Hauptstadt Khartum am Wochenende das gesamte US-Personal ausgeflogen worden. Auch einige Diplomaten aus anderen Ländern seien mit an Bord gewesen, teilten Vertreter der US-Regierung mit. Insgesamt habe es sich um weniger als hundert Menschen gehandelt. Eine beträchtliche Anzahl lokaler Arbeitskräfte sei im Sudan geblieben. Man sei ohne Zwischenfälle in den Sudan hinein- und wieder herausgeflogen, sagte ein US-Militär. Ein Vertreter des US-Außenministeriums ergänzte, man rechne nicht damit, dass sich die Situation im Sudan in nächster Zeit ändern werde.
US-Präsident Joe Biden und Außenminister Antony Blinken hatten die Evakuierung der US-Botschaft bestätigt. Washington habe die Arbeit der US-Botschaft vorübergehend ausgesetzt, da die Kämpfe im Sudan weiter andauerten, erklärte der Präsident. Blinken forderte die Konfliktparteien erneut auf, die Feindseligkeiten dauerhaft einzustellen.
Niederlande sprechen von „komplexer Operation“
Auch Frankreich evakuiert sein diplomatisches Personal und Bürger, wie das Außenministerium in Paris bekanntgab. Es führe eine "Operation zur schnellen Evakuierung" des diplomatischen Personals und der französischen Staatsangehörigen durch. Auch europäische Diplomaten würden aufgenommen. Die Niederlande beteiligen sich ebenfalls an den Bemühungen. Eine erste Gruppe Niederländer wurde am Sonntag mit einem französischen Flugzeug ausgeflogen, teilte der niederländische Außenminister Wopke Hoekstra mit, wie die Nachrichtenagentur ANP berichtete. Hoekstra hoffe, dass sich im Laufe des Abends noch mehr Niederländer auf den Weg nach Jordanien machen könnten und dass dabei auch niederländische Flugzeuge zum Einsatz kommen könnten. Der Minister sprach von einer "sehr komplexen Operation", die die Niederlande gemeinsam mit den Franzosen und Deutschen durchführen.
Wie das Verteidigungsministerium am Sonntag mitteilte, stehen seit Mittwochabend zwei niederländische Militärflugzeuge in Jordanien für die Evakuierungen bereit. Dabei handele es sich um C-130 Hercules-Transportflugzeuge. Niederländische Marineinfanteristen und eine medizinische Einheit befänden sich ebenfalls in Jordanien in Bereitschaft. Ungefähr 150 niederländische Staatsangehörige, darunter Beschäftigte der inzwischen geschlossenen Botschaft im Sudan, hätten sich für eine Evakuierung gemeldet.
Griechenland versetzte Sondereinheiten
Griechenland versetzte Sondereinheiten seines Militärs und Flugzeuge nach Ägypten für einen Evakuierungseinsatz im umkämpften Sudan. Dies teilte am Sonntag der griechische Außenminister Nikos Dendias im Staatsfernsehen mit. Ägypten habe der Aktion zugestimmt. Dieser Einsatz solle mit anderen Ländern und internationalen Organisationen genau abgestimmt werden, hieß es weiter.
Wegen der Kämpfe im Sudan hat auch Italien einen Evakuierungseinsatz gestartet. "Wir haben nacheinander die 140 Italiener, die sich im Sudan befinden, kontaktiert. Wir tun alles Mögliche und Unmögliche, um ihre Sicherheit zu garantieren", sagte Italiens Außenminister Antonio Tajani am Sonntag im öffentlich-rechtlichen Fernsehsender Rai3.
Am Samstag hatte Saudi-Arabien durch seine Marine etwa 90 Landsleute und 60 Menschen anderer Nationalitäten außer Landes bringen lassen, darunter aus weiteren Golfstaaten sowie Asien. Die Regierung des Libanons organisierte ebenfalls die Evakuierung von etwa 60 Landsleuten auf dem Seeweg.
20.000 Sudanesen geflohen
Auch Sudanesen versuchen, den Kämpfen zu entfliehen. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) sind in vergangenen Tagen bereits bis zu 20.000 Menschen in den benachbarten Tschad geflohen. Tausende weitere Menschen seien innerhalb des Landes aus stark umkämpften Gebieten vertrieben worden.
Vor gut einer Woche waren im Sudan Kämpfe zwischen den zwei mächtigsten Generälen des Landes und ihren Einheiten ausgebrochen. Beide hatten das Land mit rund 46 Millionen Einwohner seit einem gemeinsamen Militärcoup im Jahr 2021 geführt. Nun kämpft De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan, der auch Oberbefehlshaber der Armee ist, mit dem Militär gegen seinen Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo, den Anführer der mächtigen paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces (RSF). Eigentlich hätte Daglos Gruppe der Armee unterstellt und die Macht im Land wieder an eine zivile Regierung übertragen werden sollen.
Flughafen in Khartum im Zentrum der Kämpfe
Der Flughafen in Khartum stand in den vergangenen Tagen im Zentrum der Kampfhandlungen. Ausländische Diplomaten bemühten sich immer wieder um eine stabile Feuerpause für die Evakuierung.
Die Kämpfe zwischen den rivalisierenden Militäreinheiten im Sudan ging indes auch am Sonntag weiter. Die Zahl der getöteten Zivilisten steige täglich, so das nationale Ärzte-Komitee. Eine vollständige Übersicht über das Ausmaß gebe es noch nicht. Zahlreiche Verletzte hätten keinen Zugang zu Versorgung. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) starben seit Beginn der Kämpfe mindestens 413 Menschen, über 3.500 wurden verletzt. Die tatsächliche Opferzahl ist vermutlich weit höher.
(APA/dpa)