Monaco: Jenseits der Blumenbeete

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Farbenprächtige Blumenbeete markieren die Grenzen: Wenn kommende Woche Fürst Albert II. heiratet, schaut die Welt nach Monaco. Ansonsten ist man im Fürstentum auf so viel Diskretion wie nur möglich bedacht.

Was ich am 2. Juli mache?“ Thierry Hugues denkt kurz nach. „Ist das nicht ein Samstag? Da gehe ich mit meinen Enkeln zum Strand.“

Monsieur Hugues ist „le patron“ im schicken Fischrestaurant „Fredy's“ in Monacos verwinkelter Altstadt, dessen weiß eingedeckten Terrassetische nur wenige Schritte hinter der kleinen „Cathédrale de Monaco“ stehen, in der sich Fürst Rainier und Grace Kelly im April 1956 das Jawort gegeben haben. Am 2. Juli heiratet deren Sohn Fürst Albert II., doch Thierry Hugues interessiert das nur am Rande. „Na ja“, sagt er, „es wird ein Haufen Leute kommen. Gut für mein Restaurant. Aber im Sommer sind wir sowieso immer ausgebucht.“ Man darf das nicht falsch verstehen. Alteingesessene Monegassen wie Thierry Hugues schätzen die Fürstenfamilie, sie wissen genau, was sie ihr zu verdanken haben. Die Grimaldis regieren das Fürstentum seit über sieben Jahrhunderten und haben aus dem ehemals bitterarmen, 4,5 Kilometer langen Küstenstreifen einen wohlhabenden Stadtstaat gemacht. Doch das ist kein Grund, sich an einem Juli-Wochenende an den Straßenrand zu stellen und zu winken. „Es wird heiß und voll sein“, glaubt Eric, der im „Fredy's“ kellnert, „die besten Szenen sind später ohnehin in Fernsehen zu sehen.“

Voilà. Man gibt sich gelassen. Ganz gleich, ob fürstliche Hochzeit oder Formel 1, Tennisturnier oder ganz einfach Hochsaison mit bis zu einer Million Übernachtungen im Jahr. Kein Wunder. In einem Land, in dem das Bruttoinlandsprodukt rund 4,5 Milliarden Euro beträgt, das keine Arbeitslosigkeit kennt und in dem der Quadratmeter Wohnfläche durchschnittlich 40.000 Euro kostet, kann sich jeder entspannen.

Ein Hang zu Hollywood. Monaco ist weltweit wohl das einzige Land, dessen Grenzen durch farbenprächtige Blumenbeete markiert sind. Niemand muss einen Ausweis vorzeigen, doch jeder weiß, dass er Frankreich verlassen hat, wenn die in makelloses Weiß gekleideten Polizisten höflich salutieren und geduldig jedem, der sich verfahren hat, den Weg erklären. Nirgendwo liegt Müll auf der Straße, dafür hängen überall elektronische Überwachungskameras, die für eine gegen null tendierende Kriminalitätsrate sorgen.

Direkt gegenüber der fürstlichen Residenz steht die Kaserne der „Compagnie des Carabiniers du Prince“, also der monegassischer Armee, die den Fürstenpalast rund um die Uhr bewacht. Die Kaserne ist mit Stuck verziert und in zartem Rosa getüncht, die weißen Fensterläden sind geöffnet – ganz offensichtlich hatte das Fürstentum bereits vor Grace Kelly einen Hang zu Hollywood. Wirklich beschützen müssen die „Carabiniers“ niemanden: „Wer sollte schon unseren Fürsten etwas zuleide tun?“, fragt einer von ihnen.

„Kriminell werden hier bestenfalls die Touristen“, schimpft eine Dame, die mit ein paar Freundinnen in der „Brasserie de Monaco“ sitzt und zu gegrillten Sardinen eisgekühlten Rosé trinkt. „Stellen Sie sich vor, neulich ist doch einer einfach gegangen, ohne zu bezahlen.“

Das wahre Leben. Die belebte Brasserie befindet sich in La Condamine, einem Stadtteil, der sich hinter dem Jachthafen Port Hercule und der breiten Uferpromenade erstreckt. Mit seinen pastellfarbenen Hausfassaden, den Cafés, kleinen Läden und Pizzerien wirkt er wie eine ganz normale italienische Kleinstadt – Prunk und Glamour sucht man hier vergebens. Hier leben vor allem Monegassen, und wer auf einer Café-Terrasse sitzt und den Gesprächen am Nebentisch lauscht, wird den lokalen Dialekt hören, der noch in den Schulen unterrichtet wird.

Hinter La Condamine zieht sich ein Meer von Apartmenthäusern den Hügel hinauf. Die Wohnungen sind heiß begehrt, denn wer eine besitzt oder auch nur gemietet hat, darf seinen Wohnsitz hierher verlegen und bezahlt ab sofort keine Einkommensteuer mehr.

Stadt der Reichen und Schönen. 34.000 Menschen leben in Monaco, nicht einmal ein Viertel davon sind Monegassen. Stars wie Ex-Beatle Ringo Starr oder James-Bond-Schauspieler Roger Moore und Formel-1-Piloten wie David Coulthard, aber auch Industriekapitäne aus aller Welt, reiche Erben, Menschen, die sowohl die Sicherheit als auch die Steuervorteile des Kleinstaates zu schätzen wissen, haben ihren Wohnsitz hierher verlegt. Auch die früheren Rennfahrer Gerhard Berger und Alexander Wurz sowie Superfund-Gründer Christian Baha wohnen im Fürstentum.

Sie genießen in Monaco ein vergleichsweise ungestörtes, auf Diskretion bedachtes und auf jeden Fall sonniges Luxusleben, das sich zwischen privaten Diner-Partys, in den teuren Boutiquen der Rue des Beaux Arts und in den Luxushotels der Stadt beziehungsweise in deren eleganten Restaurants abspielt. Während allerdings in Alain Ducasses Dreisterne-Tempel „Louis XV.“ vor allem Besucher aus dem Ausland speisen, trifft sich die einheimische Szene auf der Terrasse des weniger berühmten, aber nicht weniger guten Restaurants „Vistamar“ im Belle-Epoque-Hotel „Hermitage“. Oder im neuen japanischen „Yoshi“ im schicken Hotel Metropole, das auch schon einen Michelin-Stern hat.

All dies sowie das weltberühmte Casino und die wunderschöne Garnier-Oper befinden sich im Stadtteil Monte-Carlo, in dem das mondäne Herz von Monaco schlägt. Denn obwohl das Fürstentum kleiner ist als New Yorks Central Park, gibt es fünf klar getrennte Bezirke: Neben Monte-Carlo und La Condamine sind das Monaco Ville, auch „Le Rocher“ genannt, wo sich der Palais Princier und die mittelalterliche Altstadt befinden, Fontvielle, ein modernes Hochhausquartier, das durch Meeraufschüttung gewonnen wurde, und Larvotto, wo Strandhotels und Badeanstalten stehen.

Freizeit in Frankreich. In Larvotto verbringen Thierry Hugues, seine Enkelkinder und viele andere „echte“ Monegassen ihre Freizeit. Sie legen wenig Wert auf Oper, Casino und Ducasse und ziehen es vor, in der Sonne zu liegen und Eis zu essen.

Streng genommen haben sie davor die Blumengrenze übertreten. Denn hinter dem „Monte-Carlo Blue Bay Resort“, einem elf Etagen hohen und 50 Millionen teuren Hotelkomplex, genau dort, wo die freien Strände beginnen, befindet man sich bereits in Frankreich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.06.2011)

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