Deutschen-Ansturm: Unis setzen auf neue Hürden

Immer mehr in- und ausländische Studenten drängen an die Unis. Diese setzen heuer auf eine Online-Voranmeldung mit Kinderkrankheiten sowie auf offizielles und inoffizielles "Rausprüfen".

Wien. Es ist nur der vorläufig letzte von zahlreichen Hilferufen aus den heimischen Universitäten: Der designierte Rektor der Uni Wien, Heinz Engl, erklärte jetzt im Online-„Standard“, er könne sich sogar vorstellen, einzelne Studien zu schließen, sollte das Uni-Budget für 2013 bis 2015 nicht doch noch erhöht werden, wie Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) das will. Engl zur „Presse“: „Gelingt das nicht, darf es in der Uni-Diskussion keine Tabus mehr geben.“ Wobei das Schließen von Fächern für ihn der „letzte Ausweg“ wäre. Welche Fächer es treffen könnte, lasse er „bewusst offen“, so Engl.

Fest steht: Insbesondere die Uni Wien, aber auch alle anderen 20 staatlichen Universitäten des Landes, verzeichneten in den vorigen Jahren und Jahrzehnten (siehe Grafik) teils enorme Zuwächse bei den Studentenzahlen; rund 285.000 Studenten gab es zuletzt in Österreich. Nun dürfte die Uni Wien, die größte heimische Universität, bald die 90.000-Studenten-Marke erreichen. Und der Ansturm von Anwärtern aus Deutschland (viele davon Numerus-clausus-Flüchtlinge) verschärft das Problem – heuer noch mehr als in den Vorjahren.

Die noch bis Ende August laufende Online-Voranmeldung, die den heimischen Universitäten mehr Planbarkeit bringen soll, hat zwar Kinderkrankheiten: Mehrere Rektoren beklagten den „organisatorischen Mehraufwand“ und „Unsinnigkeit“, weil sich Studenten bei mehreren Universitäten gleichzeitig anmelden könnten, was das Bild verzerre. Einen Trend wollen aber alle Uni-Chefs herauslesen: Der Deutschen-Ansturm für das Wintersemester ist riesig. Auch, aber nicht nur wegen des Aussetzens der Wehrpflicht in Deutschland. Aktuell sind es rund 24.000 deutsche Studenten in Österreich.

Die Wirtschafts-Uni Wien rechnet nun sogar mit bis zu 200 Prozent mehr deutschen Studenten. Auch westliche Unis, wie jene in Salzburg (siehe Seite2) und Innsbruck, erwarten allein aufgrund ihrer geografischen Lage immer mehr Hörer aus dem Nachbarland; es könnten sogar bald mehr Deutsche als Österreicher sein.

Und mit dem Extra-Zustrom aus dem Ausland drohe ein immer größeres Budgetloch. Engl zur „Presse“: Allein um den Status quo in Lehre und Forschung zu halten, wenn es zugleich mehr Studenten gibt, bräuchten die heimischen Unis bald um 300 Mio. Euro mehr. Doch für die Jahre 2010 bis 2012 wurde „nur“ ein „Krisenbudget“ von 6,51 Mrd. Euro für alle Unis fixiert, ab 2013 droht dann Stagnation – sofern Töchterle nicht doch noch die Abänderung in der rot-schwarzen Regierung schafft.

Auslese wird noch härter

Die Unis „wehren“ sich in der Zwischenzeit mit teils hohen Hürden: die Medizin-Unis mit der EU-rechtlich weiter strittigen Inländerquote bei begrenzten Platzzahlen. Die Kunst-Unis mit Aufnahmeprüfungen. Psychologie und Publizistik mit Auslese-Tests vor dem eigentlichen Studienbeginn. Und besonders überlaufene Unis wie die WU mit immer härteren Studieneingangsphasen: Wer einzelne Prüfungen nicht schafft, ist raus – auch die Zahl der möglichen Wiederholungsprüfungen ist gesunken. Und auch inoffizell gibt es „Rausprüfen“. Anders werde man der Massen nicht mehr Herr, sagen Verantwortliche hinter vorgehaltener Hand.

(c) Die Presse / HR

Die grün geführte Studentenvertretung sieht da schon fast das Ende des „Akademikerlandes“ Österreich gekommen; die Qualität an den Unis sei stark gefährdet oder sogar nicht mehr existent. „Ab 2013 geht es dann um alles“, so der künftige Uni-Wien-Rektor Engl: „Dann setzt die Dramatik wirklich ein.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.08.2011)

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