Interview. Der Rektor der Uni Salzburg, Heinrich Schmidinger, will Gelder von der EU und eine Quote für überlaufene Fächer.
Die Presse: An Ihrer Uni haben sich bislang mehr Deutsche als Österreicher vorangemeldet. Sind Sie zur Bildungsanstalt für Deutsche geworden?
Heinrich Schmidinger: Das kann man so noch nicht sagen. Ich warte das Endergebnis noch ab, die Voranmeldungsfrist läuft bis 31.August. Genaue Prognosen sind ohnehin schwierig, denn Studierende können sich an mehreren Unis voranmelden.
Sehen Sie den Andrang der Deutschen als großes Problem oder als Chance, sich im deutschsprachigen Hochschulraum zu positionieren?
In erster Linie sehe ich das als Chance. Es wäre ja eigentlich wunderbar, wenn Österreich im Ruf stünde: Hier studiert man gut, es lohnt sich, für das Studium nach Österreich zu gehen. Nur müssen wir das dann natürlich auch verkraften können. Und da liegt das Problem.
Die Studierendenzahlen sind generell im Steigen begriffen. Übersteigt das die Kapazitäten?
Wir könnten das verkraften, wenn sich die Inskriptionen über die Fächer verteilen würden, tun sie aber nicht. In den Kommunikationswissenschaften und der Psychologie hat sich das Problem durch die Zugangsregelung entschärft. Aber auch biologische Fächer, die Erziehungswissenschaft und die Sportwissenschaft sind am Limit.
Ist es dem österreichischen Steuerzahler zumutbar, dass an einer heimischen Uni mehr Deutsche als Österreicher studieren?
Deutschland kann sich nicht auf Österreich ausruhen. Andererseits glaube ich, dass man Österreich auf europäischer Ebene schon helfen würde, wenn Österreich ein entsprechendes Engagement zeigte.
Wie sieht ein entsprechendes Engagement aus?
Es sollen zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in den tertiären Sektor fließen. Dann würde man das Engagement Österreichs spüren. Und das würde uns in Brüssel sehr helfen.
Welche Hilfeleistung würden Sie sich dann von Brüssel erwarten?
Österreich könnte hier eine ganz besondere Aufgabe für Europa übernehmen, und das sollte der EU auch einiges wert sein. Es gibt viele Gelder in Brüssel für Forschung und Ausbildung. Hier könnte man entsprechende Summen nach Österreich fließen lassen.
Der WU-Rektor hat die Republik geklagt, um mehr Geld zu bekommen. Sie wollten seinem Beispiel folgen, wenn er von der Schiedskommission recht bekommen sollte. Das hat er mittlerweile, stehen Sie noch zu Ihrem Wort?
Ganz recht bekommen hat er noch nicht. Er ist jetzt aufgefordert nachzuweisen, dass er in den betreffenden Studien durch die Nichtgenehmigung von Zugangsregelungen einen gravierenden Nachteil erlitten hat. Dann nimmt das Ministerium wieder dazu Stellung. Also ich interpretiere das so, dass das Verfahren noch nicht beendet ist.
Aber sollte die WU am Ende des Verfahrens recht bekommen, werden auch Sie klagen?
Es gibt einen Unterschied zwischen der Uni Salzburg und der WU. Die WU hat eindeutige Passagen in ihrer Leistungsvereinbarung, die sie einklagen kann. Ich muss offen zugeben, dass ich das noch nicht habe. Ich kann dem Beispiel Badelts erst in der nächsten Leistungsvereinbarungsperiode folgen, in der ich natürlich eine solche Regelung in die Leistungsvereinbarung hineinreklamieren werde.
Glauben Sie, dass Sie eine derartige Passage hineinreklamieren können?
Das glaube ich schon. Das ist der Sinn einer Vereinbarung. Wenn das nicht hineinkommt, unterschreibe ich die Vereinbarung nicht.
Aufgrund der Zugangsbeschränkungen rechnen Sie damit, dass nur 40 von den 200 Studienplätzen in Psychologie an Österreicher gehen. Befürchten Sie langfristig gesehen einen Versorgungsengpass?
Ja sicher. Das zeichnet sich jetzt schon ab. Hier ist die Situation fast analog wie in der Medizin.
Würden Sie sich auch für andere Fächer eine Quotenregelung wie bei Medizin wünschen?
Ich kann da nicht mit Ja oder Nein antworten. Prinzipiell ist es gut, dass Studierende aus dem Ausland zu uns kommen. Mit Quoten schließt man sie aber mehr oder weniger aus. Andererseits: Irgendwann wird man nicht mehr darum herumkommen, denn ansonsten bekommt Österreich ein ernstes Problem. Die Lösung all dieser Probleme wäre eine gesamteuropäische. Zugangsregelungen und Uni-Finanzierung, also auch die Studiengebühren, sollten auf europäischer Ebene geregelt werden. Das hielte ich für den einzig realistischen Weg.
Auf einen Blick
Heinrich Schmidinger (57) ist seit Oktober 2001 Rektor der Uni Salzburg. Der habilitierte Theologe wurde Ende letzten Jahres im Amt bestätigt. Seine bereits vierte Amtsperiode läuft bis Anfang Oktober 2015.
Bei der Voranmeldung an der Uni Salzburg gab es bisher mehr deutsche Bewerber als Österreicher. Der Anteil der deutschen Voranmeldungen liegt bei 43 Prozent, jener der Österreicher bei nur 39 Prozent. Im Bereich Psychologie ist die Situation noch dramatischer: 77 Prozent sind Deutsche. Die Voranmeldung läuft noch bis 31.August.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.08.2011)