Derzeit laufen die Arbeiten für den künstlichen See, der künftig Wahrzeichen, Zentrum, Erholungsraum und Identität für 40.000 Menschen sein soll, die dort leben und arbeiten werden.
Wien. 2,4 Millionen Quadratkilometer, eine Fläche so groß wie 340 Fußballfelder. Darauf entstehen 8500 (großteils geförderte) Wohnungen für 20.000 Menschen, und zusätzlich sollen sich Wirtschaftsbetriebe ansiedeln, die 20.000 Arbeitsplätze bieten. Das ehemalige Flugfeld Aspern ist eines der größten Stadtentwicklungsgebiete Europas. Und dort werden die Menschen direkt am Wasser leben und arbeiten. Denn das Flugfeld wird in eine Seestadt umgewandelt, mit einem riesigen See im Zentrum.
Aus Flugfeld wird eine Seestadt
Seit Juni 2010 wird an jenem künstlichen See gearbeitet, der dem ehemaligen Flugfeld seinen neuen Namen (Seestadt Aspern) verleiht. Derzeit laufen die Aushubarbeiten für den etwa zehn Meter tiefen See, es entsteht im Endausbau eine Wasserfläche von fünf Hektar. Rund 500.000 Kubikmeter Erdmaterial werden dafür ausgehoben.
Parallel dazu läuft der Aufbau der Infrastruktur (Kanal etc.) und die Ufergestaltung – der Landschaftsarchitekturwettbewerb wurde bereits abgeschlossen, die Detailplanung der Uferzone ist gerade in Arbeit. Dabei geht es um die Gestaltung von Grünräumen, Parks, Kinderspielsplätzen etc., die rund um den Grundwassersee angesiedelt werden. Künftig sollen dort, entlang des Ufers, auch Naherholungs- und Freizeiteinrichtungen sowie Gastronomie errichtet werden. Laut Rainer Holzer (3240 Aspern Development) wird diese Uferzone der „zentrale Naherholungsfaktor“ der Seestadt Aspern werden. Wobei See und Seeufer Mitte 2013 fertig sein sollen, bevor die ersten Bewohner einziehen. Die Besiedelung der Seestadt selbst beginnt dann Ende 2013 in mehreren Etappen – im September fällt der Startschuss für dem Bau der ersten 1000 Wohnhäuser sowie von 200 Plätzen in einem Studentenheim, auch ein Technologiepark wird errichtet. Wobei der Wohnbau schon im heurigen Frühjahr hätte starten sollen. Nachdem das Wohnbaubudget 2011 allerdings von 600 auf 530 Millionen Euro gekürzt wurde, musste der Baubeginn auf den heurigen Herbst verschoben werden.
Bis die gesamte Seestadt in Betrieb geht, wird es aber bis etwa 2028 dauern. Die erste Phase der Entwicklung läuft bis Mitte 2014. Hier werden insgesamt 2000 Wohnungen errichtet. Das betrifft den südlichen Teil, der zuerst errichtet wird. Der nördliche Teil wird 2017 in Angriff genommen.
Wobei für die Seestadt Aspern ein ökologischer Standard gilt. Es soll eine „klimaneutrale Stadt“ entstehen. Dafür sollen Passivhäuser sorgen, welche dem höchsten Standard entsprechen.
Zurück zum See: Für Holzer ist er ein ruhender Pol, eine Metapher für eine ausgeglichene Work-Life-Balance. Woher die Verbindung zum Wasser kommt? „Das ist ein ehemaliges Überschwemmungsgebiet der alten Donau.“ Verkehrsmäßig erschlossen wird die Seestadt mit der verlängerten U2. Derzeit ist der Rohbau fertig. Die Anbindung an die S1 ist noch ein Knackpunkt, weil die Kosten für eine direkte Autobahnanbindung des Gebietes der Asfinag deutlich zu hoch sind.
Angrenzend an den See entsteht das Kerngebiet, für das nun eine Investorensuche läuft (sie soll bis Jahresende abgeschlossen sein). Dort soll auch die U2-Station errichtet werden, womit die U2 Ende 2013 ihren Betrieb aufnehmen kann – das Stadtzentrum wird in 25 Minuten erreicht.
Heizen mit Thermalwasser
Ein zweiter Grund, weshalb die Seestadt Aspern im Zeichen des Wassers steht: Hunderte Meter unter dem Areal schlummern heiße Quellen, die angezapft werden sollen. Geplant ist, Häuser mit dem Thermalwasser zu heizen. „Die Bewilligungen sind sehr weit“, so Holzer: „Es sind erste Probebohrungen geplant.“ Erfüllen die Prognosen die Erwartungen, sollen nahezu alle Wohnungen mit Thermalwasser geheizt werden.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.08.2011)