Der Pensionist Kurt Köhler ist einer der wenigen Hausbootbesitzer in Österreich. Doch anders als viele seiner Kollegen muss er sich nicht in enge Kajüten zwängen. Köhlers Heim ist mehr Haus als Boot.
Wien. Es gibt zwei Dinge, deren sich der 86-jährige Kurt Köhler schon immer sehr sicher war. Erstens: Er ist ein Mensch, der in einer großen Stadt leben wil. Und zweitens, er ist ein Mensch, der gerne am Wasser ist. „Und beides miteinander zu verbinden ist halt eher schwierig“, sagt er. Doch seit einem Jahr ist Köhlers Traum scheinbar geglückt. Er lebt, als einer der wenigen Österreicher, auf einem eigenen Hausboot im Kuchelauer Hafen in Wien Döbling.
Wobei sein Heim viel mehr Haus als Boot ist. Denn es hat die Form eines Quadrates, besteht hauptsächlich aus großen Fensterfronten und bietet eine Wohnfläche von 30 Quadratmetern. Darin befinden sich ein Wohnzimmer mit Couch, Esstisch und Küche, ein Bad mit Warmwasserdusche und Toilette sowie ein Schlafzimmer mit Satellitenfernsehen. Gebaut haben das Haus die Gebrüder Haas, die mit ihrem Projekt „Mikrohaus.com“ eigentlich fertige Häuser zwischen 30 und 50 Quadratmeter Wohnfläche für das Festland verkaufen. „Auf Anfrage von Kunden haben wir sie aber auch aufs Wasser gestellt“, sagt Sascha Haas, der für die Mikrohäuser zuständig ist.
Angst vor Verbauung
Wobei Kurt Köhler sein erster Kunde ist, der tatsächlich auf der Donau lebt. Denn bis Haas und seine Kollegen das Hausboot aufs Wasser lassen konnten, mussten sie einen Spießrutenlauf bei den Behörden vornehmen: „Egal wo in Österreich, alle haben Angst vor Fäkalien im Wasser oder vor der Verbauung von Wasserflächen“, erzählt er. So musste er mit seiner Firma zuerst Schiffswerft werden (um Boote bauen zu dürfen) und das Haus – das zuerst ohne Motor auf einen Schwimmkörper gestellt wurde – motorisieren.
Wobei für die Nutzung natürlich ein Kapitänspatent notwendig ist. Und das hat Kurt Köhler natürlich nicht. Sollte er sein Haus bewegen wollen, braucht er Hilfe. Köhler ist das aber egal, sein Hausboot ist sowieso nicht zum Herumfahren gedacht. Lieber genießt er den täglichen Ausblick auf den Kuchelauer Hafen und sein tägliches Schwimmen in der Donau.
Dass es ihn – den Weltenbummler – mit seinen 86 Jahren doch an die Donau verschlagen hat, wundert ihn selbst. „Aber irgendwann war mir das Reisen zu anstrengend“, sagt der rüstige Mann. Das Leben am Yachthafen sei jetzt aber aufregend genug. Die Besitzer von anderen Booten sind mittlerweile gute Bekannte und das Restaurant am Ufer der Donau der gemeinsame Treffpunkt. „Und wenn ich mal wirklich keinen Lust aufs Wasser habe, dann fahr ich in meine Wohnung in den dritten Bezirk“, sagt Köhler. Denn seine Wohnung hat er, trotz seiner Liebe zum Hausboot, nicht aufgegeben. „Im Winter will ich hier nicht schlafen, auch wenn es eine Heizung gibt“, erzählt er.
Ein Hausboot für den Winter
Die Heizung wird dafür ein anderer Kunde von Haas – ein 46-jähriger Unternehmer – regelmäßig in Anspruch nehmen. Er lässt sich derzeit ein Hausboot mit 50 Quadratmeter Nutzungsfläche bauen. Das Boot wird im Winter neben Köhler und im Sommer auf einem Platz etwas außerhalb des Hafens liegen. „Dort ist es ruhiger“, sagt Haas. Theoretisch könne das Boot auch in einem anderen Hafen Wiens liegen, je nachdem, wo Platz ist und wie viel der Besitzer bereit sei zu zahlen: 8.000 Euro pro Jahr kostet die Pacht in der Donaumarina, 3.500 im Kuchelauer Hafen. Kurt Köhler hat vor, seinen Lebensabend im Kuchelauer Hafen zu verbringen. Und sich deswegen ein Schlauchboot mit Motor gekauft: „Mit dem fahre ich an die schönen Badeplätze“, sagt er. Denn an diese käme er mit dem Hausboot einfach nicht heran.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.08.2011)