"Defensive", also relativ konjunkturunabhängige Aktien haben zuletzt weniger stark als der Gesamtmarkt verloren. Mit einem Einstieg kann man sich aber noch Zeit lassen.
Kaum ein Aktienbesitzer hat das Kursgemetzel der vergangenen Wochen unbeschadet überstanden. Im Frankfurter DAX gibt es keine einzige Aktie, die im Monatsabstand gewonnen hat. Doch nicht alle erwischte es gleich schlimm: Sogenannte „Zykliker“, das sind stark konjunkturabhängige Werte wie die Fahrzeughersteller Daimler, VW und MAN oder der Stahlkonzern ThyssenKrupp, verloren mehr als 30 Prozent, während „defensive“ Werte wie der Medizintechnikkonzern Fresenius, der Kosmetikkonzern Beiersdorf und der Konsumgüterhersteller Henkel mit den geringsten Verlusten davonkamen.
Während sich ein Teil der Investoren aus dem Aktienmarkt verabschiedet hat, haben andere umgeschichtet und ihr Portfolio „krisensicher“ gemacht. Dafür sei es noch nicht zu spät, meinen Analysten. Vor einem Neueinstieg sollte man aber die Bodenbildung abwarten, die noch nicht feststellbar sei, rät Erste-Analyst Günther Artner. Wenn der ATX aber nicht mehr unter die 2000-Punkte-Marke fällt, wie er das in der Vorwoche kurzzeitig getan hat, und dann höher als 2250 Punkte steigt (über das jüngste Zwischenhoch), könne man langsam zu „defensiven Werten“ greifen. Neben dem Baukonzern Strabag ist die Aktie der Österreichischen Post der einzige ATX-Wert, der im Monatsvergleich kein Minus aufweist. Auch der drittbeste Wert mit einem Minus von sechs Prozent ist ein „defensiver“: der Versorger EVN.
Auch Banken haben verloren. Schwächste Aktie war der Stahlkonzern Voestalpine mit einem Minus von 32 Prozent. Unter den schlechtesten Werten finden sich auch der Ölfeldausrüster Schoeller Bleckmann, der Feuerfestkonzern RHI sowie einige Banken- und Immobilienwerte, die seit der Krise des Jahres 2008 niemand mehr als „defensiv“ bezeichnet: Die CA Immo (minus 27 Prozent seit einem Monat) leidet laut UniCredit-Analyst Alexander Hodosi darunter, dass in der nächsten Zeit einige ihrer Projekte fertig werden und die Anleger angesichts der Konjunkturabschwächung fürchten, dass die neuen Häuser nicht voll vermietet werden können.
Soll man jetzt also Zykliker kaufen, weil sie so stark gefallen sind, defensive Werte – oder vorerst gar nichts? Die Zeit der Zykliker dürfte nicht so rasch wieder kommen. Doch auch bei defensiven Werten brauche man sich mit dem Einstieg nicht zu beeilen, meint Artner. Mit der Post-Aktie etwa könne man nicht viel falsch machen. Für einen generellen Ausstieg aus Aktien sei es indes schon ein wenig spät, vor allem für jene Anleger, die noch steuerbegünstigte alte Papiere haben. Wer stark in Aktien investiert sei, sollte aber überlegen, ein paar Zykliker zugunsten gut aufgestellter defensiver Papiere abzustoßen. Ähnlicher Ansicht ist Martin Mikulik, Investmentchef der Capital Bank. Kurzfristig orientierte Anleger sollten Risiko aus ihrem Portfolio herausnehmen, langfristig orientierte sollten eher abwarten. „Der richtige Zeitpunkt ist ohnehin schwer zu finden.“ Auch Goldminenaktien dürften sich besser als der Gesamtmarkt halten, meint Raiffeisen-Analyst Johannes Mattner. Die meisten liegen im Monatsvergleich leicht im Minus oder Plus (etwa Barrick Gold). Den starken Anstieg des Goldpreises (plus 17 Prozent) haben sie aber nicht nachvollzogen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.08.2011)