Das Straflandesgericht Wien hat den kasachischen Diplomaten, Rachat Alijew, „geschont“ und erntete hierfür Kritik. Gericht hat für den Fall der Auslieferung Menschenrechtsverletzungen befürchtet.
Wien/M.s. Der frühere Botschafter Kasachstans in Österreich, Rachat Alijew (49) – er hält sich seit Längerem auf Malta auf und trägt den Namen Rachat Shoraz –, steht unter Verdacht, an der Ermordung zweier Manager der kasachischen Nurbank mitgewirkt zu haben. Er bestreitet dies. Jedenfalls verweigerte Österreich, wo Alijew Zuflucht gesucht hatte, die Auslieferung des Diplomaten in sein Heimatland. Diese Entscheidung sei aber nicht ausreichend begründet worden, kritisiert nun die Generalprokuratur.
In einem der „Presse“ vorliegenden Schreiben der beim Obersten Gerichtshof angesiedelten Prokuratur wird dem Straflandesgericht Wien – dieses hat die Auslieferung des Exbotschafters unterbunden – vorgeworfen, diesen Schritt nur oberflächlich begründet zu haben. Das Gericht hat für den Fall der Auslieferung Menschenrechtsverletzungen befürchtet.
Kritik ohne Auswirkungen
Wörtlich heißt es im Schreiben der Generalprokuratur: „Zur gesetzeskonformen Begründung der ausgesprochenen Verneinung der Zulässigkeit einer Auslieferung (...) hätte es daher (nach der Aktenlage zu begründenden) konkreter Tatsachenannahmen bedurft, welche die Besorgnis einer Verfolgung der betroffenen Personen (außer Alijew wird auch gegen mögliche Mittäter ermittelt, Anm.) wegen ihrer politischen Anschauungen (...) rechtfertigten.“ Insgesamt habe die gerichtliche Entscheidung die betroffenen Personen „begünstigt“.
Praktische Auswirkungen hat die Kritik aber nicht. Abgesehen davon, dass Alijew nicht mehr in Österreich weilt, gilt für ihn die Regel, dass sich durch eine etwaige neue Entscheidung seine Lage nicht verschlechtern darf (Verschlechterungsverbot). Anwalt Gabriel Lansky, der die Witwen der ermordeten Manager vertritt, nennt das Schreiben der Prokuratur dennoch eine „Bombe“.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2012)