SPÖ

Zwei neue linke Hände für Andreas Babler

Neben Andreas Babler werden Sandra Breiteneder (l.) und Klaus
Seltenheim (r.) die SPÖ leiten.
Neben Andreas Babler werden Sandra Breiteneder (l.) und Klaus Seltenheim (r.) die SPÖ leiten.APA / Helmut Fohringer
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Sandra Breiteneder und Klaus Seltenheim werden künftig an der Seite des Parteichefs den Ton in der Löwelstraße angeben. Was darf man sich von der neuen SPÖ-Führung in der Löwelstraße erwarten? Und wie wird die neue Konstruktion im Parlament funktionieren?

Andreas Babler ist immer für Überraschungen gut. Erst gewinnt er eine Wahl, bei der schon Hans Peter Doskozil zum Sieger ausgerufen worden war. Und nun besetzte er die Bundesgeschäftsführung seiner Partei mit zwei eher unbekannten Namen: Sandra Breiteneder und Klaus Seltenheim werden künftig die Geschicke der SPÖ lenken. Am Dienstag holte sich Babler die Zustimmung der Parteigremien für seine Personalentscheidungen. „Ab heute sind wir wieder eine Partei“, betonte Babler danach in einer Pressekonferenz.

Im Parlamentsklub möchte Andreas Babler selbst Vorsitzender sein. Im Nationalrat wird Philip Kucher als geschäftsführender Klubobmann agieren. Ein Zugeständnis an das Doskozil-Lager, denn Kucher hatte den burgenländischen Landeshauptmann im Kampf um die SPÖ-Spitze unterstützt (siehe dazu auch das unten stehende Porträt). Vizeklubchefs von Kucher werden die SPÖ-Frauenvorsitzende Eva Maria Holzleitner und Julia Herr, die beide auch für noch höhere Weihen gehandelt wurden. Jörg Leichtfried verliert das Amt des Vizeklubchefs. Finanzsprecher Kai Jan Krainer zieht neu ins Klubpräsidium ein. Wie aber wird diese Konstruktion im Parlament funktionieren und was darf man sich von der neuen SPÖ-Führung in der Löwelstraße erwarten?

„Echte Kritik“ am Wirtschaftssystem

Breiteneder und Seltenheim sollen künftig die rechte und linke Hand Bablers in der Parteizentrale sein – oder in dem Fall vielleicht besser gesagt: seine beiden linken Hände. Die heute 40-jährige Breiteneder kommt aus der Privatangestellten-Gewerkschaft, war aber bereits in der Sozialistischen Jugend politisch aktiv. Als sie mit 22 Jahren Vorsitzende der Sozialistischen Jugend Wien wurde, widmete sie sich etwa der damals aus Deutschland kommenden „Kapitalismusdebatte“. Diese sollte laut Breiteneder von der Linken dazu genutzt werden, eine „echte Kritik“ am derzeitigen Wirtschaftssystem zu formulieren und Systemalternativen aufzeigen.

Auch ging Breiteneder zuweilen mit der Parteiführung hart ins Gericht. Als Bundeskanzler Alfred Gusenbauer 2008 seine Bilanz-Veranstaltung unter dem Motto „Ein Jahr Regierung“ abhalten wollte, protestierte Breiteneder zusammen mit 40 bis 50 roten Jugendvertretern. „Flucht ist kein Verbrechen – raus aus der Großen Koalition!“, erklärte man dabei dem Kanzler. „Es reicht, es reicht, es reicht“, sagte Breiteneder damals. Man wünsche sich den Weg zurück zu einer sozialen Politik. Breiteneder arbeitete später auch für den früheren EU-Abgeordneten Hannes Swoboda und sie war Teil des Kabinetts der einstigen Staatssekretärin Muna Duzdar (auch sie war als mögliche Anwärterin für wichtige Jobs an Bablers Seite genannt worden).

Zuletzt war Breiteneder für den Wiener Arbeitnehmer-Förderungsfonds (Waff) tätig. Das neue Amt an Bablers Seite sei ihr „eine Freude und Ehre“, sagte Breiteneder am Dienstag. Ein besonderes Anliegen ist ihr das Anwerben neuer Genossen. „Allein in der letzten Woche sind weit über 1000 neue Mitglieder eingetreten. Dieses Jahr wollen wir noch 10.000 neue Mitglieder gewinnen“, erklärte die neue Bundesgeschäftsführerin.

Ein Aufstieg trotz Wahlniederlage

Auch Seltenheim war bereits in der Sozialistischen Jugend aktiv und widmete sich dabei etwa Presseaussendungen zum Thema „Kill Your Gender!“, einem Aufruf, Geschlechter-Stereotype zu überwinden. Die Löwelstraße war schon Seltenheims Arbeitsstätte, als er in der Organisationsabteilung der Bundes-SPÖ mitarbeitete. 2019 war der frühere Kulturmanager für die Wahlkampagne der ehrenamtlichen Aktivisten für die EU- und Nationalratswahl zuständig. Beide Urnengänge endeten mit Stimmverlusten für die Partei. Danach wurde Seltenheim Bezirksgeschäftsführer der SPÖ St. Pölten, bevor er im März 2021 zum Landesgeschäftsführer der SPÖ in Niederösterreich aufstieg. Als solcher war er mitverantwortlich für die heurige Wahlniederlage unter Spitzenkandidat Franz Schnabl, nach der Seltenheim sein Amt verlor. Für die Zukunft gibt sich der 39-Jährige aber optimistisch: „Ich werde all meine Stärken und meine gesamte Erfahrung einbringen, damit wir als SPÖ gemeinsam mit Andreas Babler wieder Erfolge feiern. Von hier an geht‘s bergauf“, versprach der Bundesgeschäftsführer.

100 Prozent für Babler, 91 für Kucher

Ähnliche Worte wählte Babler: „Jetzt beginnt der Aufbruch“, meinte er anlässlich der Präsentation seines Teams. Der Aufbruch hat freilich den Haken, dass Babler selbst nicht Klubchef im Nationalrat werden kann, weil er dort kein Mandat hat. Und vor der nächsten Nationalratswahl kann er auch keines dort bekommen, weil Babler beim Urnengang 2019 auf keiner Wahlliste stand.

Chef werden kann Babler vom Gesamt-Parlamentsklub, in dem alle SPÖ-Mandatare (Nationalrat, Bundesrat, Europäisches Parlament) vereint sind. Dazu wurde er am Dienstag von seinen Parteifreunden mit 100 Prozent Zustimmung gewählt. Die Rechte und Bezüge, die man als Obmann eines Nationalratsklubs erhält, bekommt Babler aber nicht, diese stehen Kucher zu (der mit 91 Prozent Zustimmung gewählt wurde). Die Konstruktion des Gesamt-Parlamentsklubs ist vor allem für die Klubförderung relevant. Aber auch die Frage, welcher Abgeordneter der Fraktion wie viel Redezeit im Hohen Haus erhält, kann man auf der Ebene des Gesamt-Parlamentsklubs festlegen. Daneben wird der SPÖ-Chef weiterhin im Bundesrat sitzen. Ob Babler weiterhin auch Traiskirchner Bürgermeister bleiben will, ließ er am Dienstag offen.

Neu aufgestellt wird jedenfalls die Partei-Kommunikation. Auf Stefan Hirsch folgt Patricia Huber. Sie hatte sich für Bablers Kampagne engagiert und war bisher beim „Kontrast“-Blog des SPÖ-Parlamentsklubs aktiv.

Dass Mandatar Krainer künftig auch nach außen hin eine wichtigere Rolle bekommen soll, ist ein weiteres Signal Bablers an die Wiener SPÖ, die den neuen Bundesobmann im Poker um den Parteivorsitz unterstützt hat. Wiens Bürgermeister, Michael Ludwig, sprach nach dem Ja der Gremien zum Personalpaket am Dienstag von einem schönen Zeichen der Geschlossenheit.

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