TV-Kritik

ORF-„Sommergespräch“: Genosse Babler, verloren im Schachtelsatz

 „Ich glaube, man hat gesehen, dass sozusagen der Rechtsanspruch auf einen intakten Planeten, das habe ich in mir drinnen, das ist eine ganz wichtige Frage“, sagte Babler. 
 „Ich glaube, man hat gesehen, dass sozusagen der Rechtsanspruch auf einen intakten Planeten, das habe ich in mir drinnen, das ist eine ganz wichtige Frage“, sagte Babler. APA / HELMUT FOHRINGER
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Der SPÖ-Chef antwortete bei seinem ersten ORF-„Sommergespräch“ wortreich und schweifte oft ab. Viele Fragen nach dem Kurs der SPÖ blieben offen.

Wien. Große Reden vor den Delegierten; motivierende Ansprachen an die Parteibasis: Bei diesen Gelegenheiten mag SPÖ-Chef Andreas Babler auftrumpfen können. Längere TV-Interviews sind hingegen nicht seine Sache, wie am Montagabend bei seinem ersten ORF-„Sommergespräch“ klar wurde. Babler schweifte oft ab und verlor sich in Schachtelsätzen. Moderatorin Susanne Schnabl hatte ihre Mühe mit dem SPÖ-Chef: „Herr Babler, es ist gar nicht so leicht, bei Ihnen eine Frage zu stellen aufgrund dieser wortreichen Antworten.“

Im ersten, lockeren Teil des „Sommergesprächs“ gab sich Babler leutselig. Seine Parteikollegen Philip Kucher, Eva-Maria Holzleitner und Julia Herr nannte er den „Philipp, die Evi und die Dschulia“. Der SPÖ-Chef erklärte, bei der letzten Bundespräsidentenwahl 2022 Marco Pogo gewählt zu haben. Und als Schnabl ankündigte, nun über die SPÖ reden zu wollen, sagte Babler: „Voll gern.“

„Immer“ Tempo 100

Im „berühmten Sprechzimmer“ des Parlaments, wie es Babler nannte, ging es dann zunächst um Tempo 100 auf Autobahnen. Für dieses Geschwindigkeitslimit hatte sich Babler eingesetzt. Schnabl wollte vom SPÖ-Chef wissen, ob er denn selbst bei seiner derzeitigen Sommertour immer 100 km/h auf der Autobahn fahre. „Immer“, erklärte Babler, was Schnabl für „ein bisschen unvorstellbar“ hielt. Babler antwortete ungelenk: „Ja, is´ a Weisung, dass ma gsagt haben, natürlich, auf diese Vorgabe, die wir sagen, dass es gscheid ist, einfach zu halten.“ Man wolle Tempo 100 auf den Autobahnen aber „von unten herauf und nicht gesetzlich regeln“.

Erfreut war Babler über die Nachfragen zu dem Thema nicht. Die Parteilinie der SPÖ sei sicher nicht dominiert von Tempo 100, sondern von großen Fragen. So wie jener, „warum man 950 Tage überhaupt kein Klimaschutzgesetz hat“. Über den Klimaschutz sprach Babler überhaupt gerne: „Ich glaube, man hat gesehen, dass sozusagen der Rechtsanspruch auf einen intakten Planeten, das habe ich in mir drinnen, das ist eine ganz wichtige Frage.“

Der SPÖ-Chef erneuerte Forderungen beispielsweise nach dem Ausbau des öffentlichen Verkehrs am Land und „Dekarbonisierungsprogramme für die Schwerindustrie“. Bei inhaltlichen Fragen schweifte Babler dann oft ab. Etwa bei Fragen zur Teuerung und Mehrwertsteuer, bei denen er sich in historischen Ergüssen über Bruno Kreisky und die Erfolge der Sozialdemokratie verhedderte. Und auch bei der SPÖ-Forderung nach Vermögensteuern und ihrer Gegenfinanzierung wanderten Bablers Antworten auf Abwegen. „Sie biegen wieder ab“, kommentierte Schnabl.

Dabei sind Vermögens- und Erbschaftssteuern ein Leibthema Bablers. Immer wieder kritisierte er die „Superreichen“, dieser Teil der Bevölkerung solle „einen gerechten Anteil zahlen“. Er könne garantieren, dass der ganz überwiegende Teil der Bevölkerung nach dem SPÖ-Modell weniger Steuern zahlen werde. Denn die Grunderwerbssteuer soll nach den SPÖ-Plänen abgeschafft werden. Auch werde man mit den Vermögenssteuern niedrigere Lohnsteuern gegenfinanzieren können.

Unklarer Europakurs

Auch bei Fragen zu seiner Forderung nach einer 32-Stunden-Woche fühlte Babler sich wohler. Erstmals verwendete er hier passende Metaphern. Arbeitsintensität und Produktivität seien über die Jahre gestiegen: „Wir können einen Marathon nicht laufen mit einer 100-Meter-Laufgeschwindigkeit.“ Daher müsse man die Strecken verkürzen, so Babler. Bedenken, dass die Arbeitszeitverkürzung praktisch schwer umsetzbar sei und Produkte verteuern werde, teilte er nicht.

Doch viele Fragen nach dem Kurs der SPÖ bleiben offen, gerade in der Außen- und Europapolitik. Den gemeinsamen Wirtschaftsraum der EU hält Babler für eine gute Idee, die Debatte über einen EU-Austritt ist für ihn ein Tabu. Zugleich aber hat die Union für Babler „nach wie vor das große Wohlfahrtsversprechen für alle gebrochen“, eine Grundskepsis sei ihm „in vielen Bereichen geblieben.“

Ob Babler seine Ideen intern umsetzen kann, dafür liefert der SPÖ-Parteitag im November einen ersten Anhaltspunkt. Babler will dort ein Paket für mehr Basisdemokratie durchbringen und unter anderem die Direktwahl des Vorsitzenden durch die Parteimitglieder einführen. „Das wird jetzt gerade so vorbereitet.“ Widerstand gebe es wenig, sagte er. Ob das die Wiener SPÖ, die hier bisher auf der Bremse stand, auch so sieht?

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