Kassentarife: Dauerstreit mit Nebenwirkungen

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In Niederösterreich wurde beim Krankentransport eine Eskalation abgewendet. In der Steiermark und bei den MRT-Untersuchungen in Wien verschärft sich die Lage.

Wien. Das Drohszenario ist bekannt: Gibt es keine Einigung, droht ab 1.Jänner ein vertragsloser Zustand, der die Patienten teuer zu stehen kommen würde. Sie müssten die Magnetresonanz- (MRT) und Computertomografien (CT) bar bezahlen, würden von der Kassa aber nur 80 Prozent ihres Tarifs refundiert bekommen. Derzeit kostet ein MRT im Schnitt 150 Euro, ein CT 102 Euro. Die Fronten sind weiter verhärtet. Vor der nächsten Runde der Honorarverhandlungen am Mittwoch – „Die Presse“ berichtete – haben Radiologen und Krankenkassen sozusagen die Boxhandschuhe ausgezogen. Sie kämpfen nun mit bloßen Fäusten.

„Dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger geht es nicht um die Patienten, sondern nur um Geld und Rationalisierungen“, sagt Manfred Baldt, Verhandlungsführer der 110 Institute für bildgebende Diagnostik in der Wirtschaftskammer. „Wessen Geistes Kind diese Leute sind und wie skrupellos sie mit ihren Versicherten umgehen, zeigt ein Vorschlag, den sie uns unterbreitet haben: Wenn es uns gelingt, die Zahl der Untersuchungen um zehn Prozent zu senken, würden die Tarife im Gegenzug um zehn Prozent erhöht werden.“ Obwohl den Radiologen mehr Geld bleiben würde, hätten sie den Vorschlag empört abgelehnt – weil er zu einer „dramatischen und unzumutbaren Erhöhung der Wartezeiten für Patienten führen würde“.

Vorwürfe, die Bernhard Wurzer, Vizegeneraldirektor des Hauptverbandes, nicht auf sich sitzen lässt. Er spricht von einem „unseriösen Stil“. Baldt verbreite bewusst Unwahrheiten, um den Patienten Angst zu machen. Denn einen solchen Vorschlag gebe es nicht: „Wir haben nie über eine zehnprozentige Erhöhung der Tarife gesprochen, sondern lediglich ein neues Modell einer Gesamthonorarsumme angedacht“, betont Wurzer. Darin würden die Tarife für einzelne Untersuchungen von deren Frequenz abhängen. Sinkt die Frequenz, steigen die Tarife und umgekehrt.

„Derartige Anschuldigungen sind wohl das übliche Säbelrasseln vor Verhandlungen“, sagt Wurzer, „wir sind aber weiterhin gesprächsbereit. Hoffentlich setzen sich auch bei den Radiologen die Tauben und nicht die Falken durch, damit es ab 1.Jänner keinen vertragslosen Zustand gibt.“

Einigung in Niederösterreich

Unterdessen ist in Niederösterreich gestern ein Konflikt abgewendet worden: Die Rettungsorganisationen Rotes Kreuz und Asbö hatten mit Jahresende ihren Leistungsvertrag mit den Krankenkassen gekündigt, dank dessen etwa Ambulanzfahrten direkt mit den Versicherungen abgerechnet werden können, weil die Tarife seit 2005 nicht mehr angepasst wurden und damit nicht mehr kostendeckend gewesen seien. Damit hätten Patienten ab 1.Jänner Rettungseinsätze selbst bezahlen müssen und dann bei ihrer Kassa um Refundierung ansuchen können.

Dazu kommt es aber nicht. Unter Vermittlung des zuständigen Landesrats, Maurice Androsch (SPÖ), haben sich Kassen und Rettungsorganisationen doch noch geeinigt, zumindest für ein Jahr: 2014 wird das Honorarvolumen der Kassen für Transporte und Rettungsfahrten 35,8 Millionen Euro betragen, das entspricht einer Steigerung von 9,9 Prozent gegenüber den bisherigen Verträgen.

Vertrackt ist die Situation in der Steiermark. Nach jahrelangen Verhandlungen ist Anfang Juli ein vertragsloser Zustand zwischen dem Roten Kreuz und der steirischen GKK im Bereich der Krankentransporte eingetreten. Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) hat sich eingeschaltet und eine Einigung erreicht, die später aber geplatzt ist. Worum es geht? Seit 1999 hätte es eine Tariferhöhung um nur drei Prozent gegeben, kritisiert Werner Weinhofer, Präsident des steirischen Roten Kreuzes, gegenüber der „Presse“. Während dieser Zeit sei der Dieselpreis für die Transporte aber um hundert Prozent gestiegen. Mit der neuen GKK-Obfrau, Verena Nussbaum, hätte es zwar eine Tarifeinigung gegeben, nur: „Die Zahl der bezahlten Fahrten wurde gesenkt und gedeckelt.“ Anders formuliert: Die GKK muss sparen, das Rote Kreuz darf daher weniger Krankentransporte durchführen. Wenn ein Arzt oder Spital den Schein für einen Krankentransport ausstelle, müsse man „immer fahren“, so Weinhofer. Ab einem gewissen Zeitpunkt im Jahr sei der Deckel erreicht, die Patienten müssten trotzdem befördert werden, man bleibe auf diesen Kosten sitzen, so Weinhofer, der droht: „Es steht ein vertragsloser Zustand im Raum.“

Die GKK-Obfrau sieht das völlig anders, wie sie kürzlich erklärt hat: „Das Rote Kreuz ist nicht bereit, neben der Tariferhöhung auch nur minimale Auflagen zu akzeptieren.“ Dabei sei man ihm entgegengekommen und habe die zu reduzierenden Fahrten von 100.000 auf 20.000 gesenkt. (gr/stu/kb)

AUF EINEN BLICK

Konflikt I. Bei den Honorarverhandlungen für Magnetresonanz- und Computertomografie haben sich die Fronten zwischen den Radiologen und Sozialversicherungen vor der nächsten Verhandlungsrunde am Mittwoch weiter verschärft.

Konflikt II. In der Steiermark droht bei den Krankentransporten ein vertragsloser Zustand, weil sich Rotes Kreuz und GKK nicht einigen können.


Einigung.
In Niederösterreich haben sich gestern die Krankenkassen mit dem Roten Kreuz bzw. Asbö geeinigt. Bei einem Scheitern der Verhandlungen hätten Patienten ab 1. Jänner Rettungseinsätze selbst bezahlen und danach bei ihrer Kassa um Refundierung ansuchen müssen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.12.2013)

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