Am Ende des Kutschkermarkts gibt es jetzt das Kutsch. Ein nettes neues Bistro mit überraschenden Ambitionen.
Interessant, was alles als Grünfläche gilt im Wien Währing der Grünen, ein paar Krispindlbäume und Schotterbeete reichen dafür anscheinend schon aus. Sonst (wasserdurchlässige) Betonsteinwüste, wohin das Auge reicht, bis es am Ende des derart lieblos ausgebauten Kutschkermarkt-Areals ein neues Lokal erspäht. Gut, der Name ist nicht sonderlich originell und auch nicht sonderlich anheimelnd: Kutsch. Der Gastgarten am Eck ist auch noch nicht wahnsinnig lauschig. Und als bunte Bilder in einem Restaurant eine Gabel und einen Löffel in Historienbildgröße aufzuhängen – hm. Die Erwartungen sind also nicht extrem in die Höhe geschraubt bei der ersten Einkehr hier. Man versucht sich auf den sehr kleinen, sehr dichten, aber sehr schön schwarz glänzenden Bistrotischchen zurechtzufinden. Schlägt die Karte auf. Und dann das: knusprige Schweine-Schwänzchen mit Artischocken. Sellerie mit Stachelbeersauce. Was Max Maierhofer, der schon in der Villa Joya in Portugal oder im Tannerhof in St. Anton kochte, sich hier ausgedacht hat, klingt im Vergleich zur Konkurrenz hier zumindest ambitioniert. Man isst am Kutschkermarkt zwar gern, vor allem aber, weil auch immer gut, Fisch beim Takan.

Ein schickes Bistro fehlte hier umso mehr, vor allem seit auch Horst Scheuer beschlossen hat, sein Berger & Lohn nach dem Sommer nicht wieder aufzusperren. Ein lokaler Kapitalschaden im schwierigen 18. Bezirk. Aber das Jammern hilft jetzt auch nichts mehr. Das neue Kutsch tröstet zumindest ein bisschen, das Service ist ausgezeichnet, die Schweine-Schwänzchen (17,90 Euro), gekocht, ausgelöst und kross gebraten, sind quadratisch, und das säuerliche Stachelbeersafterl macht sogar eine immerhin Mille-feuille-artig geschichtete Sellerieknolle (16,90) zum Erlebnis. Sie bräuchte einem dazu gar nicht extra am Tisch erst auf den Teller gegossen werden. Das war es aber schon mit dem Firlefanz, denn vor allem will hier gutbürgerliche, frische Marktküche geboten werden, vom Frühstück bis in den Fine-Dining-Abend hinein. Solide und preislich akzeptabel gelingt das auch, immer mit leichtem Weltkücheneinschlag. Wenn etwa herrlich würziges Reisfleisch zu Arancini (7,50) gerollt wird oder die samtige Bouillabaisse zwar mit klassischer Sauce Rouille, aber mit drei Filets vom immerhin heimischen Fisch (24,50) daherkommt. Die drei trockenen Käsebrötchen dazu? Könnte man ja einfach vom Preis abziehen. Und jetzt sind wir schon ganz Kutsch.
Info
Kutsch, Schopenhauerstr. 19, 1180 Wien, Tel.: +43/(0)676 366 88 49, Restaurant: Mi–Fr: 12–15, 17.30–22.30 Uhr, Sa: 9–15, 17.30–22.30, So: 9–15 Uhr. Mehr Kolumnen auf: DiePresse.com/lokalkritiken