Lokalkritik

Testessen im Bon Vivant: Mit Champagner nach Paris

Weinbar Bon Vivant
Weinbar Bon VivantChristine Pichler
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Zum Trinken, nicht so sehr zum Essen, geht’s ins Bon Vivant und damit über niedere Schwelle ins Pariser Bistro.

Manchmal ist mehr einfach mehr, etwa wenn es heißt „Champagne, plus de Champagne!“. So vermerkt in der Getränkekarte des neu eröffneten Bon Vivant in der Seilergasse. Darunter gelistet Kir Royal (Champagner und Cassis, 11  Euro) oder Toujours Paris (Pampelle, Vermouth Rosé, Champagner, 12 Euro). Hier trifft Weinbar auf französisches ­Bistro und gleichzeitig innerstädtisches Afterwork-Publikum auf internationalen Genussmenschen — mehr Bonvivant geht nicht. Gastronom Alexander Falke, der vor Jahren noch im Motto jobbte, später in leitenden Funktionen in Figlmüller-Betrieben und der jungen Nostalgiepizzeria Pizza Bussi Ciao mitwirkte, will mit dem Neuzugang die Wiener City um ein ­frankophiles Abendkonzept erweitern.

Weinbar Bon Vivant
Weinbar Bon VivantChristine Pichler

Funk im Glas?

An den aufgereihten Dekantern lässt sich unschwer der Fokus fest­machen, sonst geben auch die Weinkühlschränke weiter Aufschluss, die ­restliche Inneneinrichtung ist angepasst modisch. Die Karte soll einmal quer durch die französischen Weinanbaugebiete führen und sich dabei trotzdem auf leistbare Positionen beschränken. „Wir wollen erst mal Hemmschwellen abbauen“, sagt Falke. Bei französischem Wein käme immer gleich ein leeres Geldbörserl in den Sinn. Beraten ließ sich Falke von befreundeten Sommeliers, er selbst sei in erster Linie „Liebhaber“. Außerdem verzeichnet die Karte ein Aperoangebot à la française sowie Grand-Marnier-Mixgetränke. Das Speisenangebot ist überschaubar, „man kommt zum Trinken, dazu gibt es eine Kleinigkeit zu essen, nicht umgekehrt“. Das Gemüsetatar mit Roter Rübe (15 Euro) fällt ähnlich wie das Ceviche vom Kabeljau (16 Euro) ein wenig fad aus, bei Ratatouille und Taboulé (12 Euro) treffen dafür zwei sehr starke, jeweils ortstypische Geschmäcker aufeinander und suchen vergebens nach einem neutralen Vermittler. Gut ist das Roastbeef mit Café-de-Paris-Butter und krossen Pommes dazu (25 Euro). Daneben gibt es noch Austern aus Portugal oder Frankreich und Wiener Schnecken von Gugumuck. Aber fürs Essen kommt man hier nicht her, lieber schaut man tief ins Glas und findet dort etwa frischen Bailly Lapierre Crémant, der vor lauter Perlen im Mund fast übergeht (6 Euro), oder einen klassischen, beruhigten Sauvignon Blanc von Château Bonnet (5 Euro) oder sorgt für etwas mehr Funk im Glas durch den mit Milchsäurebakterien geklärten „Poil de Lièvre 2022“ von Calvez Bobinet (7 Euro). À votre santé! 

Weinbar Bon Vivant
Weinbar Bon VivantChristine Pichler

Info

Bon Vivant, Seilergasse 14, 1010, Tel.: +43/(0)1/346 13 43, Restaurant: Mo–Mi: 16–1 Uhr, Do—Sa: 16—23 Uhr. Mehr Kolumnen auf: DiePresse.com/lokalkritiken

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