Wo kriegt man in Wien Neubau (gutes) Essen nach 22 Uhr und warum verschwinden Leute in der Telefonzelle?
Dem Brickmakers in der Zieglergasse war nicht ausreichend Zeit vergönnt, um den Rang einer Neubauer Institution einzunehmen. Die Zutaten wären in Konzept und Ausführung schon vorhanden gewesen, nur erlitt der Betreiber (geschäftlich) Schiffbruch; ein Cheers an der Stelle an unseren irischen Freund Brian, von dem immerhin das Charlie P’s als Institution unter den Irish Pubs in Wien fortlebt. Das Lokal, das wir in der Zieglergasse 42 nun betreten, heißt Frank y Nera, baut auf dem schönen Brickmakers-Interieur auf (mit der längsten Theke des Bezirks) und ist vom Setting auch sonst keine Lichtjahre vom Vorgängerlokal entfernt (ein Intermezzo namens Hefenbrüder ausklammernd). Also fröhliches und gemütliches Essen und Trinken, wobei das Feste nicht allzu sehr vom Flüssigen ablenken soll, sprich Bar mit Restaurant. Fangen wir deshalb mit Hugo an (bitte: Ügoo, er kommt aus Paris), er ist hier der Cocktail-Hexenmeister und mühelos in der Lage, hartnäckige Cocktail-Verweigerer (ich zeige grad auf) zu bekehren. Zum Beispiel mit einem Golden Cadillac (13 Euro), einem cremig-geilen Schlabbertrunk, der einem netten Abend das Krönchen aufsetzt. Von Leuten, die auf Espresso Martini abfahren, lassen wir uns sagen, dass Ügoo eine besonders kunstfertige Variante hervorbringt (12 Euro). Wer noch fahren muss, kann sich mit Mocktails trösten. Von der früheren Bierkompetenz am Standort sind fünf Sorten vom Fass geblieben.
Aber jetzt bitte was zu beißen! Hierfür verantwortlich ist Julius Kaiser, der aus Lima stammt, woher sonst. Den quirligen Deutsch-Peruaner hat es über Stationen unter anderem in Bilbao nach Wien verschlagen, wo er fürs Frank y Nera an einem passenden Repertoire getüftelt hat. Die Peruvian Croquetas (10,50) entbieten Grüße aus seiner Heimat, aus der das Rezept mit Huhn, Mais, Paprika und Chipotle Aioli stammt. Die Patatas Bravas (6,50) waren gar nicht so scharf, gschmackig aber sehr, wie auch das Shiitake-Pilze-Bao (11). Allesamt Schmeichler auf der Karte mit rarer Late-Night-Option (nach 22 Uhr), von denen man möglichst viele verschiedene bestellt; die Croquetas gleich doppelt (spart einen Weg, trust us), um in der Runde dann drüber herzufallen. Nicht die im guten Sinne originellen Pizzen übersehen! Und die Telefonzelle im Raum? Wer darin die richtige Nummer wählt, dem öffnet sich keine andere Dimension wie bei Dr. Who, aber ein versteckter Raum, den man für konspiratives Abfeiern mieten kann.
Info
Frank y Nera, Zieglergasse 42, 1070 Wien, Tel.: 0664 2555611,
Bar & Restaurant: Di–Sa 17.00–01.00 Uhr. Mehr Kolumnen auf: DiePresse.com/lokalkritiken