FPÖ

Kickls Traum vom Pass zweiter Klasse

Will auch Staatsbürger ausweisen: FPÖ-Chef Herbert Kickl, im Bild bei einer FPÖ-Kundgebung in Leoben im vergangenen Sommer.
Will auch Staatsbürger ausweisen: FPÖ-Chef Herbert Kickl, im Bild bei einer FPÖ-Kundgebung in Leoben im vergangenen Sommer. EXPA
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Anlässlich eines Identitären-Vorschlags fordern die Blauen, Migranten leichter die Staatsbürgerschaft zu entziehen, um sie ausweisen zu können. Experten sagen: Das geht nicht.

Wien. Eine mehrere Wochen zurückliegende Konferenz im deutschen Potsdam, bei dem Vertreter der AfD und bekannte Rechtsextreme teilgenommen haben sollen, sorgt gerade für Aufregung in Deutschland – und auch in Österreich. Publik wurde die Zusammenkunft erst diese Woche, dabei gewesen sein soll auch der ehemalige Frontmann der Identitären, Martin Sellner. Gesprochen habe Sellner von einem „Masterplan“, man wolle „maßgeschneiderte Gesetze“ erlassen, um einen „hohen Anpassungsdruck“ auf Menschen mit Zuwanderungsgeschichte zu erzeugen. Er soll zudem gefordert haben, im großen Stil Menschen – auch Staatsbürger – außer Landes zu bringen: Umgesetzt werden solle diese „Remigration“ auch mit Hilfe eines „Musterstaates“ in Nordafrika, in dem bis zu zwei Millionen Menschen leben könnten.

FPÖ verteidigt Identitäre

Die FPÖ, die ihre Abgrenzung von den Identitären in den letzten Jahren bewusst aufgegeben hat – Kickl nannte die rechtsextreme Gruppierung in der Vergangenheit „eine NGO wie Greenpeace“ und ein „interessantes und unterstützenswertes Projekt“ – verteidigte das Treffen sogar. So bezeichnete FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker die „von linken Kreisen in Politik und Medien auch nach Österreich geholte Aufregung“ als „völlig unverständlich“. Es sei in Wahrheit die Pflicht von „patriotischen Politikern“, den „Schaden zu begrenzen und wiedergutzumachen, den linke und pseudo-bürgerliche Parteien in den letzten Jahrzehnten durch eine völlig falsche Asyl- und Zuwanderungspolitik angerichtet haben“, erklärte der Blaue. Zu dem rechten Treffen befragt wurde Kickl am Mittwochabend auch in der „ZiB 2“, ebenfalls zu dem Masterplan Sellners zur Deportation von Menschen nach Afrika.

Auf die Frage, ob er den Begriff „Remigration“ genauso verstehe, sagte Kickl, dass man an seiner statt Herrn Sellner einladen müsse, um dies zu klären. Kickl selbst sprach dabei vor allem über Asyl: Dies sei „Schutz auf Zeit“. Und: „Wenn die Zeit abgelaufen ist, was heißt das dann? Dass die Person wieder zurückkehren muss. Das verstehe ich unter Remigration.“ An einem Punkt wurde er, der angesichts der Spitzenposition seiner Partei in Umfragen nächster Bundeskanzler werden will, dann konkreter – und zwar in der Frage nach der Ausweisung österreichischer Staatsbürger: „Wenn jemand glaubt, er kann unserer Werte angreifen, dann können wir auch eine Rechtslage herstellen, dass man solchen Leuten die Staatsbürgerschaft auch wieder entziehen kann.“ Das will der FPÖ-Chef aber offenbar nur bei Staatsbürgern mit Migrationshintergrund tun: „Etwas Anderes ist es, wenn jemand als österreichischer Staatsbürger auf die Welt kommt, dann geht das selbstverständlich nicht.“

»Ich würde sagen: Das geht nicht. «

Peter Bußjäger zu Kickls Vorschlag

Seine Forderung begründet Kickl damit, dass andernfalls ein nicht näher definiertes „Heimatrecht“ der Österreicher „zerstört“ werde. Auf eine „Presse“-Nachfrage, bei welchen konkreten Vergehen Kickl gerne Pässe aberkennen würde und wie man sich eine Staatsbürgerschaft zweiter Klasse vorstellt, reagierte die FPÖ abweisend: Kickl habe alles zu dem Vorschlag gesagt, erklärten die Freiheitlichen knapp.

Experten winken ab

Laut Peter Bußjäger, Verfassungsjurist an der Universität Innsbruck, wäre dies ohnehin nicht mit dem grundrechtlich verankerten Gleichheitssatz vereinbar. „Kann man jemanden schlechter behandeln, der alle Voraussetzungen für eine Staatsbürgerschaft erfüllt hat? Ich würde sagen, das geht nicht“, sagt Bußjäger zur „Presse“. Staatsbürger müssten jedenfalls gleich behandelt werden, und zwar unabhängig von ihrer Abstammung. Bußjäger sähe daher in Kickls Vorschlag eine Diskriminierung zugewanderter Personen – diese sei aber aufgrund der Herkunft per Verfassung untersagt. Zudem müsse man ja auch über mehrere Jahre viele Bedingungen erfüllen, um überhaupt österreichischer Staatsbürger werden zu können. Österreich verfügt über ein im internationalen Vergleich strenges Staatsbürgerschaftsverfahren.

Im Innenministerium erteilt man Kickls Vorschlag eine Absage: „Das ist nicht möglich, da dies in der Regel die Staatenlosigkeit des Betroffenen zur Folge hätte“, wird im Ressort auf eine „Presse“-Anfrage erklärt. Wer nämlich österreichischer Staatsbürger wird, müsse die bisherige Staatsbürgerschaft ablegen. Und: „UN und Europaratskonventionen“ würden – es sei denn, man schließt sich etwa der Armee eines anderen Staates an – „grundsätzlich den Entzug der Staatsbürgerschaft verbieten, wenn dies zur Staatenlosigkeit führt.“

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