Tisch für vier

Lokalkritik im Artner: Schweinernes Hochamt mit charmantem Gschisti-Gschasti

Artner Gasthaus auf der Wieden
Artner Gasthaus auf der WiedenChristine Pichler
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Essenzielles zur Schnitzelfrage und fast alles vom Tier, fulminant aufgetischt im Artner auf der Wieden.

Gut sitzen in einem Lokal, das ist ja weniger eine orthopädische als eine atmosphärische Angelegenheit. Wenn man vom Nachbartisch mehr hört als vom Gegenüber, wenn man vom Personal dafür wenig hört und sieht, und wenn das Essen nur lala ist – unwahrscheinlich, dass man am Ende mit starken Eindrücken von der Qualität des Mobiliars seiner Wege zieht. Aber so haben wir’s vom Artner auf der Wieden mitgenommen: Herrlich, wie man da tafeln kann! Mit Privatsphäre am Tisch, auf straff aufgepolsterten Bänken sitzend, in einer stilvoll eingerichteten, festlich und doch diskret beleuchteten Räumlichkeit mit der Deckenhöhe eines Ringstraßenkaffeehauses. So lässt man sich ein Gasthaus gern gefallen (so steht‘s im Namen, räumlich gesehen ein Understatement).

So ausgeschaut hat’s freilich vorher schon, als Pesceteria, die Lokalbetreiber Markus ­Artner im letzten Jahr dann aufgegeben hat. Schade um das schöne Projekt, denn Fischkultur ist unterrepräsentiert in Wien.

Für Freunde der fleischverliebten Wiener Küche
Für Freunde der fleischverliebten Wiener KücheChristine Pichler

Dass Artner und Partner Florian Schagerl jetzt auf Nummer sicher machen, ist einerseits zutreffend, andererseits grob verkürzt. Denn wie das Konzept der Altwiener Wirtshausküche umgesetzt ist, das schnellt die Wiedner Niederlassung ins Spitzenfeld des diesbezüglich Gebotenen empor (das allerspätestens jetzt entzauberte Leupold am Ring kann hier gern in die Lehre gehen).

Kompetenz und Freud’ an der Sache vermittelt schon die Karte, zum Aufwärmen: Appetithappen in Dreierkombi (zwölf Euro), zum Beispiel Milzschnitte, Leberkäs, gebackenes Hirn. In der Tour geht’s weiter für Freunde der fleischverliebten Wiener Küche, die auch innere Werte nicht schmäht (Leber, Nierndl, Beuschl, 16 bis 18 Euro, auch als kleine Portionen). Wir haben patschert bestellt, weil auf allen Tellern Paniertes war; ist so passiert. Aber soll man das Schnitzel etwa auslassen?

Hier feiert es schweinernes Hochamt mit charmantem Gschisti-Gschasti (wahlweise Kaiserteil, Fledermaus oder Filet, „außabochn“ je nach Vorliebe in Pflanzenöl, Schweine- oder Butterschmalz, ab zehn bis 15 Euro). Und das Backhendl hat’s halt auch sein müssen (Oberkeule, Filet, Leber, 13 Euro), wohl so gut, wie man’s machen kann. Im karnivorischen Überschwang hören wir gern, dass man gut war zu den verspeisten Tieren, so es Herkunft und Lieferanten belegen.

Weißwein ab vier Euro das Glas plus das hauseigene stattliche Artner-Sortiment; notiert haben wir uns einen tollen Pinot Noir von Pimpel (8 Euro).

Alle loben die Preise: Eh, aber am End’ bereitet eine stolze Rechnung trotzdem keine große Mühe. Ganz Gasthaus dagegen der Mittagsteller um elf Euro: Baldigst zu prüfen! 

Info

Artner Gasthaus auf der Wieden, Floragasse 6, 1040 Wien, Tel.: +43/(0)1/503 50 33, Di–Fr: 12–22 Uhr. Küchenpause: 14–18 Uhr. Samstag: 18–22 Uhr. So, Mo Ruhetage.

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