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EU-Lieferkettengesetz: Appelle an Wirtschaftsminister Kocher, Warnungen aus Wirtschaft

Wirtschaftsminister Martin Kocher will weiterverhandeln, nachdem sich die EU-Staaten nicht auf das EU-Lieferkettengesetz einigen konnten.
Wirtschaftsminister Martin Kocher will weiterverhandeln, nachdem sich die EU-Staaten nicht auf das EU-Lieferkettengesetz einigen konnten. APA / APA / Tobias Steinmaurer
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Umweltschutzorganisationen, NGOs und politische Akteure drängen Wirtschaftsminister Martin Kocher weiter, dem Vorschlag zuzustimmen. Währenddessen warnen Wirtschaftsvertreter erneut vor einer Überregulierung.

Nachdem sich die EU-Staaten am Freitag nicht auf das EU-Lieferkettengesetz einigen konnten und die Abstimmung darüber vertagt wurde, appellierten viele Umweltorganisationen, NGOs und politische Akteure erneut an Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP), dem Vorschlag zuzustimmen. Österreich und Deutschland etwa hatten im Vorfeld erklärt, sich zu enthalten, was einem Nein gleichkam. Wirtschaftsvertreter warnten erneut vor einer aus ihrer Sicht drohenden Überregulierung.

Die SPÖ-EU-Abgeordnete Evelyn Regner plädierte in einer Aussendung dafür, dem EU-Lieferkettengesetz zuzustimmen - auch um Unternehmen Rechtssicherheit durch einheitliche EU-Standards zu geben. „Wir haben die Möglichkeit, uns für saubere Lieferketten, Umwelt- und Menschenrechte einzusetzen und einen globalen Standard zu setzen. Diese Chance dürfen wir in dieser Legislaturperiode nicht verstreichen lassen.“

Positive Auswirkungen auf Wirtschaft und Umwelt

Die Arbeiterkammer (AK) betonte erneut, dass das EU-Lieferkettengesetz die Chance biete, Verbesserungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weltweit und für die Umwelt zu bringen. Gleichzeitig seien positive Auswirkungen auf die Wirtschaft zu erwarten, verband die AK ihren neuerlichen Appell an Kocher, dem Vorschlag zuzustimmen.

Greenpeace sieht in der Verschiebung der Abstimmung einen „katastrophalen Rückschlag für Mensch und Umwelt weltweit“. „Es ist beschämend, dass ÖVP-Minister Kocher sich enthalten und so die demokratischen Spielregeln der EU verletzen will“, kritisierte Greenpeace-Sprecherin Lisa Panhuber. Die Umweltorganisation Global 2000 appellierte an Kocher, die Chance zu nutzen, „sich doch noch auf die richtige Seite der Geschichte zu stellen und für Menschenrechte und Umweltschutz einzustehen.“ Auch die Menschenrechtsorganisation Südwind und das Netzwerk Soziale Verantwortung forderten von Kocher, das EU-Lieferkettengesetz nicht länger zu „blockieren“.

Die NEOS betonten in einem Statement, dass das Ziel der EU, Handelsbeziehungen als Hebel für nachhaltiges und verantwortungsvolles Wirtschaften zu nutzen zwar sinnvoll, der Weg dorthin aktuell aber mit zu vielen bürokratischen Hürden und Regulierungen verstellt sei. NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos: „Ein Lieferkettengesetz darf insbesondere mittelständische Betriebe nicht in Bürokratieketten legen. Das gefährdet Wohlstand und Arbeitsplätze und heizt nicht zuletzt die Teuerung für Konsumentinnen und Konsumenten weiter an.“

Industriellenvereinigung warnt vor Überregulierung

Die Industriellenvereinigung (IV) warnte wie bereits im Vorfeld der Abstimmung vor einer möglichen Überregulierung und einem „überbordenden Bürokratieaufwand“ für europäische Unternehmen. Aus Sicht der IV sei die Richtlinie in der vorliegenden Form für Unternehmen nicht umsetzbar. Die damit verbundenen Kontrollpflichten, über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg, würden sich „jeglicher unternehmerischen Realität“ entziehen. Auch die Wirtschaftskammer (WKÖ) plädiert dafür, beim EU-Lieferkettengesetz nachzubessern, um die Wettbewerbsfähigkeit der EU nicht zu gefährden. „Wenn das EU-Lieferkettengesetz Investitionen und internationale Lieferbeziehungen heimischer Unternehmen verhindern oder gar zu Abwanderungen führen würde, verfehlte es seinen Zweck und könnte den Status quo in Drittstaaten verschlechtern“, warnte WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf in einer Aussendung.

Kocher will weiterverhandeln

Der zuständige Wirtschaftsminister Kocher will jedenfalls weiterverhandeln. „Dass die Abstimmung über die Lieferketten-Richtlinie nun vertagt wurde, zeigt, dass neben Österreich auch zahlreiche andere Länder Bedenken zu dem aktuell vorliegenden Entwurf haben“, teilte Wirtschaftsminister Kocher in einer schriftlichen Stellungnahme mit. „Wir haben weitere Verhandlungen gefordert und begrüßen die nunmehrige Rückkehr an den Verhandlungstisch.“

Durch das EU-Lieferkettengesetz sollen große Unternehmen zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie etwa von Kinder- oder Zwangsarbeit außerhalb der EU profitieren. Größere Unternehmen müssen zudem einen Plan erstellen, der sicherstellt, dass ihr Geschäftsmodell und ihre Strategie mit der Einhaltung der Pariser Klimaziele zur Begrenzung der Erderhitzung vereinbar sind. (APA)

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