Höhepunkt im Handelskrieg

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Die USA erheben neue Zölle auf chinesische Importe im Wert von 50 Milliarden Dollar. Das hat globale Folgen.

New York. Das Abtasten im globalen Handelsdisput ist vorbei, die Boxer stehen mitten im Hauptkampf. Dabei hat Donald Trump am Freitagnachmittag den bislang schwersten Schlag ausgeteilt. Die Verkündung von Tarifen auf chinesische Waren im Wert von 50 Milliarden Dollar testet nicht nur das Verhältnis der weltgrößten Volkswirtschaften. Sie stellt den gesamten Welthandel auf die Probe – und mit ihm die globale Konjunktur.

Dabei zeigte der US-Präsident einmal mehr, dass er kein Problem damit hat, seinen Worten Taten folgen zu lassen. Er kündigte vor Wochen an, Details zu den Zöllen Mitte Juni zu verlautbaren. Das tat er nun: Betroffen sind mehr als 1000 Produkte, die Tarife sollen 25 Prozent betragen. Beobachter haben vergeblich gehofft, dass sich Peking und Washington einigen würden. Stattdessen holt China nun zum Gegenschlag aus und will sich revanchieren. Und dann? Würde Trump möglicherweise zusätzliche Tarife auf Waren im Wert von 100 Milliarden Dollar einheben.

Zur Einordnung: Bei den zuletzt von den USA erlassenen Zöllen auf Stahl- und Aluminium aus der EU geht es um einen einstelligen Milliardenwert. Brüssel nimmt US-Lieferungen in Höhe von 2,8 Mrd. Euro ins Visier. Im US-Streit mit Kanada wiederum, der für die Eskalation beim G7-Treffen diesen Monat verantwortlich war, drohen die Länder einander mit Zöllen im niedrigen zweistelligen Milliardenbereich.

Für die Weltkonjunktur sind das Nebenbaustellen. Ökonomen blicken auf den Disput zwischen den USA und China. Der Austausch zwischen den beiden Nationen bringt den US-Konsumenten günstigere Produkte, vom T-Shirt bis zum Telefon, und trug dazu bei, dass in Asien Hunderte Millionen Menschen den Weg aus der Armut fanden. Trump bestreitet das nicht. Er argumentiert, dass China kein Entwicklungsland mehr sei und dass fortan ausgeglichenere Handelsbeziehungen herrschen müssten.

Tatsächlich liegen die durchschnittlichen Zölle Chinas deutlich über jenen der USA. Dessen ist sich auch Peking bewusst, weshalb es angeboten hat, jährlich zusätzliche US-Produkte im Wert von 70 Mrd. Dollar zu importieren. Trump war das zu wenig. Im Jahr 2017 belief sich das US-Warendefizit mit China auf 375 Mrd. Dollar. Ab 6. Juli sollen nun die US-Zollbehörden mit der Einhebung der Tarife beginnen.

Weltkonjunktur betroffen

Wenn der Streit weiter eskaliert, könnte das auch die Weltkonjunktur eintrüben. Sollten die USA tatsächlich Zölle auf weitere Waren im Wert von 100 Mrd. Dollar einheben und sich Peking erneut revanchieren, unterlägen sämtliche US-Lieferungen nach China Importtarifen. Der freie Warenfluss generiert Wirtschaftswachstum, weil sich jede Nation auf seine Stärken konzentrieren kann und entsprechend die globale Produktivität zunimmt. Protektionismus hingegen trübt die Konjunktur ein, selbst eine weltweite Rezession wäre nicht ausgeschlossen.

Immerhin: Der US-Präsident betonte am Freitag einmal mehr seine „großartige Freundschaft“ mit Chinas Machthaber Xi Jinping. Die Verhandlungen werden also weitergehen. Im Zentrum stehen dabei nicht nur die Warenflüsse, sondern auch der Umgang mit geistigem Eigentum. Peking verlangt von ausländischen Unternehmen bei Markteintritt, Technologien mit chinesischen Firmen zu teilen. Die USA halten das für inakzeptabel, sie fürchten, dadurch an Wettbewerbsvorteil zu verlieren.

Bis zuletzt spielten auch die Verhandlungen mit Nordkorea über eine atomare Abrüstung eine Rolle im Handelsstreit. Washington braucht dabei die Unterstützung Pekings. Für viele war das mit ein Grund, warum Trump mit der Verkündung der Zölle bis nach dem Treffen in Singapur wartete.

AUF EINEN BLICK

Handelsstreit zwischen China und den USA. US-Präsident Donald Trump setzt in die Tat um, was er vor ein paar Wochen angekündigt hat: Er verhängt Zölle auf Waren aus China im Wert von 50 Milliarden Dollar (43 Milliarden Euro). Wann die Zölle tatsächlich wirksam werden, ist noch unklar. China drohte indes mit Reaktionen: Die USA müssten sich auf sofortige Vergeltung aus China einstellen. Man werde „umgehend reagieren und die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um unsere legitimen Rechte und Interessen entschlossen zu schützen“, sagte Geng Shuang, ein Sprecher des Pekinger Außenministeriums, am Freitag.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.06.2018)

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