Die Debatte über den Brexit und Irlands Grenze verstrickt sich oft in technischem Jargon. Fragt man Iren in Brüssel, wird rasch die existenzielle Dramatik klar.
Brüssel. Wintergrau verhangen ist der Himmel über dem Berlaymont-Gebäude der Europäischen Kommission, der guten Laune von Phil Hogan jedoch, dem irischen EU-Kommissar für Landwirtschaft, kann die jahreszeitliche Gräue nichts anhaben. Zuversichtlich referiert er einer Gruppe von Europa-Korrespondenten agrarpolitische Erfolge der EU, vom Ausbau des Exportüberschusses der europäischen Landwirtschaft bis hin zum fast kompletten Abverkauf von Trockenmilchbeständen, ohne den Milchmarkt erschüttert zu haben. Doch bei dieser Frage wird Hogan ernst: Was bedeutet für ihn persönlich, als Iren, die Aussicht darauf, dass mangels einer Einigung mit London im Zuge eines harten Brexit wieder eine Grenze zu Nordirland droht?
„Über 3000 Menschen starben während der Troubles der 1970er- und 1980er-Jahre“, sagt der 58-jährige Politiker der Regierungspartei Fine Gael, die zur Europäischen Volkspartei zählt. „Sie starben nicht nur auf der irischen Insel, sondern auch in Großbritannien. Es gab Bomben in London, Birmingham, Manchester. Das hat also nicht nur die Insel Irland, sondern auch die Insel Großbritannien erfasst.“ Hogan erinnert daran, dass auf die eine oder andere Weise jeder Ire und Brite damals von den Troubles, dem blutigen Bürgerkrieg zwischen katholischen und protestantischen Terrorgruppen, betroffen war: „Entweder direkt, indem Freunde oder Familienmitglieder verletzt oder getötet wurden, oder durch den enormen Aufwand, den die Briten und die Iren für Polizei und Sicherheit bestreiten mussten. Dazu kamen die Folgen für Wirtschaft, Investitionen, Tourismus, Jobs.“