Nachschub in der Innenstadt. Neue Projekte geben der Lust am luxuriösen Wohnen in Wien wieder Raum. Aber nur Top-Objekte erzielen wirklich auch Top-Preise. Motto: Es muss alles stimmen.
Keine Kompromisse. Das ist das Credo der kaufkräftigen Klientel, wenn es um exklusive Wohnimmobilien in erstklassiger Wiener Lage – sprich in der Inneren Stadt – geht. Passt der Grundriss nicht, ist die Terrasse zu klein, findet sich keine Garage beim (oder im) Haus, dann war's das. Dann wird nicht gekauft. Für Qualität hingegen ist man bereit, zu zahlen. Aber: „Hohe Preise erzielen wirklich nur die besten Objekte“, sagt Horst Schwarzenberg, Luxusimmobilienexperte bei Colliers Columbus. Stimmt das Angebot nicht, wartet man lieber ab.
Das mangelnde Angebot an High-End-Wohnungen war auch der Grund, warum in den vergangenen zwölf Monaten nur wenige Vertreter dieser Kategorie die Besitzer wechselten. Von 15 Objekten seit September 2009 spricht etwa Eugen Otto, Eigentümer der Otto Immobilien Gruppe.
Neu am Schillerplatz
Am Nachschub an exklusiven Objekten wird aber schon gearbeitet. So starten etwa die Seeste Bau AG und die Conwert Immobilien Invest SE mit neuen Projekten. Diese Woche wurde das Projekt „Schillerplatz 4“ von der Seeste vorgestellt. Das Gründerzeitpalais von 1870 hat schon das Hotel Britannia beherbergt, den Amtssitz des Reichsgerichtes und die Telekom Austria, die immer noch Teilbereiche des Gebäudes (ganz leise) nutzt. Der Rest des denkmalgeschützten Hauses wird nach Plänen von Architekt Albert Wimmer zu Wohnungen umgebaut; auf das Dach kommt ein Ausbau mit Penthouses. Insgesamt werden 28 luxuriöse Einheiten entstehen, mit Größen von 60 bis 400 Quadratmetern. „Oder, wenn gewünscht, mit 800 Quadratmetern“, weist Michael Möstl, Vorstandsvorsitzender der Seeste Bau AG Österreich, auf Mitsprachemöglichkeiten der künftigen Eigentümer hin.
Die rege Nachfrage zeige, so Michael Seeber, Eigentümer und Aufsichtsratspräsident der Seeste Bau AG, dass jetzt der richtige Zeitpunkt sei, um mit Top-Immobilien in der Wiener City auf den Markt zu gehen. Schon im Vorfeld der Vermarktung hätten sich Interessenten gemeldet, „rund ein Drittel des Projektvolumens könnte bereits abgeschlossen werden“, erzählt Otto, dessen Firma für die Verwertung zuständig ist. Die Preise für die Wohnungen und Penthouses liegen zwischen 7000 und 17.000 Euro pro Quadratmeter.
Bei Parlament und Künstlerhaus
Über mangelndes Kundeninteresse kann man auch bei Conwert nicht klagen. „Die Interessenten klopfen schon an“, berichtet Thomas Rohr, Geschäftsführender Direktor des Unternehmens. Dabei hat die offizielle Vermarktung der neuen Projekte noch nicht begonnen: Ebenfalls 2012 sollen an drei innerstädtischen Standorten Immobilien der Luxusklasse an ihre neuen Besitzer übergeben werden. Geplant ist, bei den Projekten mit Schwerpunktthemen zu arbeiten. So stehen die drei Penthouse-Apartments, die in einem Objekt bei der Bösendorferstraße/Akademiestraße errichtet werden, unter dem Motto „Künstlerhaus“. Außerdem werden die Wohnungen an das Hotel „The Ring“ angeschlossen; die neuen Eigentümer können die Services mitbenutzen.
Und auch bei den weiteren Projekten greift man auf die Nähe zu traditionsreichen Nachbarn zurück. Ein Dachgeschoßausbau in der Stadiongasse/Bartensteingasse wird unter dem Hauptthema „Parlament“ laufen, ein 10.000 Quadratmeter großes Development-Projekt in der Operngasse/Elisabethstraße unter „Wiener Staatsoper“. Es soll ein „Bogen gespannt werden zwischen Tradition, Kultur, Architektur und Moderne“, sagt Rohr. Die Kosten sind bei rund 15.000 Euro pro Quadratmeter angesiedelt – ein Preis, bei dem es eben keine Kompromisse gibt, weiß Rohr. „Das muss pfeifen!“
Speziell Österreicher suchen
Wer sich derzeit in Wiens Oberklasse umsieht? Vor allem Österreicher. „Die Angst vor der Geldentwertung hat so manchen beschließen lassen, sich jetzt Luxus in Immobilienform zu leisten“, berichtet Schwarzenberg. Bei den geplanten Projekten melden sich ebenfalls viele einheimische Interessenten. Aber die internationale Klientel, etwa aus Russland, lässt sich – nach einer Phase der Zurückhaltung – auch wieder blicken.
Tolles wird teurer
Und wenn 2012 die neuen Domizile fertig werden – zuviel des Guten wird das für den Markt für High-End-Immobilien trotzdem nicht sein, meinen die Experten. Die Preise in diesem Segment werden eher weiter steigen, so die einhellige Meinung. Was allerdings passieren könnte: „Es trennt sich die Spreu vom Weizen“, sagt Horst Schwarzenberg.
Denn nicht jedes Objekt in der Wiener City, das derzeit unter dem Schlagwort „Luxus“ firmiert, ist – bis auf den angepeilten Kaufpreis – auch luxuriös. Oder, wie Eugen Otto es ausdrückt: „Halbedelsteine gibt es viele. (Roh-)Diamanten aber nur wenige.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.09.2010)