Oscars 2021

"Nomadland" ist der Gewinner einer bescheidenen Oscarnacht

Der Film "Nomadland" räumte ab. Von links nach rechts: Peter Spears, Frances McDormand, Chloé Zhao, Mollye Asher und Dan Janvey.
Der Film "Nomadland" räumte ab. Von links nach rechts: Peter Spears, Frances McDormand, Chloé Zhao, Mollye Asher und Dan Janvey.APA/AFP/POOL/CHRIS PIZZELLO
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Das Vagabundendrama von Chloé Zhao gewinnt die wichtigsten Preise. Als bester Hauptdarsteller wurde Anthony Hopkins („The Father“) ausgezeichnet, Frances McDormand („Nomadland“) holte ihren bereits dritten Oscar als beste Hauptdarstellerin.

Der Oscar-Abend verlief weitgehend ohne Überraschungen. Die 39-jährige chinesischstämmige Regisseurin Chloé Zhao holte sich für ihren Film "Nomadland" - den Favoriten des Abends - wie erwartet die Auszeichnung für die beste Regie. Außerdem wurde das beeindruckende Vagabundendrama auch in der Hauptkategorie bester Film ausgezeichnet. Nach Kathryn Bigelow ("The Hurt Locker") im Jahr 2010 ist Zhao erst die zweite Frau, die den Regie-Oscar bekommt.

Früher hätte man Zhao wohl einen „Indie Darling“ genannt - doch nun scheint die Frau, die gern leise und schlicht auftritt, das Ideal der Queraufsteigerin zu verkörpern. (>> Zum Porträt) Sie glaube an das Gute im Menschen, sagte Zhao in ihrer Dankesrede mit Verweis auf ihre Kindheit in China. "Ich habe immer gute Menschen gefunden, auf der ganzen Welt.“ Und, nach der Verleihung hinter den Kulissen: Es sei "ziemlich toll, eine Frau im Jahr 2021 zu sein". 

Chloe Zhao bei der Gala, die enttäuschte. Im Vorfeld war diese als erstes großes Showevent in der Coronakrise gedacht gewesen - und enttäuschte auf ganzer Linie. Im intimen Ambiente der Union Station von Los Angeles verzichtete man  auf Showelemente, Musikbeiträge oder Humor.
Chloe Zhao bei der Gala, die enttäuschte. Im Vorfeld war diese als erstes großes Showevent in der Coronakrise gedacht gewesen - und enttäuschte auf ganzer Linie. Im intimen Ambiente der Union Station von Los Angeles verzichtete man auf Showelemente, Musikbeiträge oder Humor. (c) imago images

„Nomadland“ war auch der einzige Film, der insgesamt drei Preise (bei sechs Nominierungen) gewinnen konnte. Je zwei Oscars bekamen etwa  "Sound of Metal“ (sechs Nominierungen), ein Drama, das vom getriebenen Schlagzeuger eines Lärmpunk-Duos handelt, der sein Gehör verliert und sich mit einer neuen Lebenswirklichkeit zusammenraufen muss. Der Film ist einer der wenigen, die man derzeit hierzulande streamen kann.

Außerdem zwei Oscars erhielt "Ma Rainey's Black Bottom“ (fünf Nominierungen, zu sehen auf Netflix), Chadwick Boseman spielte hier den querulantischen Trompeter. "The Father“ (sechs Nominierungen),  "Mank“ (zehn Nominierungen, Netflix), die jazzige Pixar-Seelenwanderung "Soul" (drei Nominierungen) und das Black-Panther-Denkmal  "Judas and the Black Messiah“ (sechs Nominierungen).

Die Oscarnacht unterschied sich von den bisherigen sehr. Das, was man sah, war bescheiden, Showeinlagen, Musik und Einspieler fehlten nahezu komplett, ebenso wie der Humor. Die für ein paar Sekunden hüftschwingende Glenn Close war dann auch das wohl einzige Show-Element, das vielleicht in Erinnerung bleiben wird.

„Mr. Brad Pitt, it's so nice to meet you“

Die einzig echte Überraschung gab es ausgerechnet ganz am Schluss. Dass der im Vorjahr verstorbene Chadwick Boseman posthum als bester Hauptdarsteller für seine eindrucksvolle Rolle in „Ma Rainey's Black Bottom“ ausgezeichnet werden würde, hatte für viele als fix gegolten. Dass die goldene Statuette dann tatsächlich Anthony Hopkins für seine Rolle eines Demenzkranken in „The Father“ erhielt, damit hatte kaum jemand gerechnet. Er ist mit 83 Jahren der älteste Schauspieler, der diese Auszeichnung bisher bekam.

Auch dass Frances McDormand ("Nomadland“) mit ihrem bereits dritten Hauptrollen-Oscar Geschichte schrieb, war angesichts der starken schauspielerischen Leistungen ihrer Konkurrentinnen nicht klar gewesen.

Die 93. Oscars lösten jedenfalls ihr schon bei den Nominierungen gezeigtes Bekenntnis zur Diversität auch bei der Vergabe der Preise ein. Nicht nur, was Zhao betrifft. Auch bei den Nebendarstellerinnen konnte sich eine Frau mit asiatischen Wurzeln durchsetzen: Die 73-jährige Yuh-Jung Youn wurde für ihren Part als resche Großmutter im Immigrantendrama "Minari" aus den Händen von Brad Pitt mit der Statuette gewürdigt. Sie bedankte sich völlig überrumpelt bei Laudator Brad Pitt mit den Worten: „Mr. Brad Pitt, it's so nice to meet you“.

Zuvor hatte der Brite Daniel Kaluuya für seine Rolle im schwarzen Bürgerrechtsdrama "Judas and the Black Messiah" den Preis als bester Nebendarsteller entgegengenommen. Er betonte in seiner Dankesrede die Bedeutung des von ihm verkörperten „Black Panther“ Fred Hampton, der 1968 im Zuge einer Razzia von der Polizei ermordet wurde.

Als einer der Verlierer des Abends kann indes David Finchers Schwarz-weiß-Drama "Mank" über die Entstehung des Filmklassikers "Citizen Kane" gelten. Der Film war mit zehn Nominierungen als Spitzenreiter des Feldes ins Rennen gegangen, konnte aber nur die Goldstatuetten in den Nebenkategorien Kamera und Produktionsdesign für sich reklamieren.

Auslandsoscar für Thomas Vinterberg

Österreichs kleine Oscar-Hoffnung währte nicht lange. Jasmina Zbanics rot-weiß-rot-koproduziertes Bosnienkriegsdrama "Quo vadis, Aida?" von Regisseurin Jasmila Žbanić ging zu Beginn des Abends leer aus.

Thomas Vinterbergs Trinkerparabel "Der Rausch" setzte sich in der Kategorie des besten internationalen Spielfilms durch. Die Dankesrede des dänischen Regisseurs Thomas Vinterberg war zugleich die emotionalste des Abends. Kurz vor Fertigstellung des Films war seine Tochter Ida bei einem Autounfall getötet worden. Mit Tränen widmete ihr Vinterberg den Film.

Wie immer durften politische Reden nicht fehlen. „Heute wird die Polizei drei Menschen töten, morgen wird die Polizei drei Menschen töten und am Tag darauf ebenfalls.“ Mit diesen Worten bedankten sich etwa die Macher des als bester Kurzfilm ausgezeichneten "Two Distant Strangers".

Die Liste aller Preisträger und Nominierten der Oscar-Verleihung 2021:

  • Bester Film: "Nomadland"

  • Beste Regie: Chloé Zhao ("Nomadland")
  • Bester Hauptdarsteller: Anthony Hopkins ("The Father")

  • Beste Hauptdarstellerin: Frances McDormand ("Nomadland")

  • Bester Nebendarsteller: Daniel Kaluuya ("Judas and the Black Messiah")

  • Beste Nebendarstellerin: Yoon Yeo-jeong ("Minari")

  • Bestes Original-Drehbuch: "Promising Young Woman"

  • Bestes adaptiertes Drehbuch: "The Father"

  • Bester internationaler Film: "Der Rausch" (Thomas Vinterberg)

  • Bestes Make-up und beste Frisuren: "Ma Rainey's Black Bottom"

  • Bestes Kostümdesign: "Ma Rainey's Black Bottom"

  • Bester Ton: "Sound of Metal"

  • Bester Kurzfilm: "Two Distant Strangers"

  • Bester animierter Kurzfilm: "If Anything Happens I Love You"

  • Bester animierter Film: "Soul"

  • Bester Dokumentar-Kurzfilm: "Colette"

  • Bester Dokumentarfilm: "My Octopus Teacher"

  • Beste visuelle Effekte: "Tenet"

  • Bestes Szenenbild: "Mank"

  • Beste Kamera: "Mank"

  • Bester Filmschnitt: "Sound of Metal"

  • Beste Filmmusik: "Soul"

  • Bester Filmsong: "Judas and the Black Messiah"

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