Ukraine-Krise

Biden befürchtet russische Invasion der Ukraine in nächsten Tagen

US-Präsident Joe Biden am Donnerstag vor Journalisten.
US-Präsident Joe Biden am Donnerstag vor Journalisten.REUTERS
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Die Gefahr einer Invasion ist laut US-Präsident "sehr hoch“. "Wir sehen sogar, dass sie ihre Vorräte an Blutkonserven aufstocken“, sagt sein Verteidigungsminister. Russland bestreitet jegliche Angriffspläne, droht aber Westen mit „militärtechnischen Maßnahmen“.

US-Präsident Joe Biden befürchtet trotz aller Beteuerungen aus Moskau einen russischen Einmarsch in die Ukraine in den nächsten Tagen. Biden sagte am Donnerstag inWashington, die Gefahr einer Invasion sei "sehr hoch", und nach seiner Einschätzung könne es "in den nächsten paar Tagen" dazukommen. Alles deute darauf hin, dass Russland bereit dazu sei, dieUkraine anzugreifen. Der US-Präsident betonte zugleich, es gebe nach wie vor die Möglichkeit einer diplomatischen Lösung.

Darum habe er US-Außenminister Antony Blinken zu einer Sitzung des UNO-Sicherheitsrates nach New York geschickt. Biden sagte auch, er habe zurzeit keine Pläne, erneut mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu telefonieren.

Es gebe auch Grund zur Annahme, dass Moskau in eine Operationen unter falscher Flagge verwickelt sei, so Biden. So werden Machenschaften bezeichnet, um einen Vorwand für einen Angriff künstlich zu inszenieren. Am Donnerstag gab es Gefechte im Donbass.

Drastische Warnungen aus den USA

Die US-Regierung wirft Russland trotz anderslautende Beteuerungen aus Moskau eine weitere Aufstockung von Truppen und Ausrüstung an der Grenze zur Ukraine vor. Pentagon-Chef Lloyd Austin sagte am Donnerstag nach Beratungen der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel: Die Russen beteuerten zwar, dass sie einige ihrer Kräfte abzögen, nachdem Übungen abgeschlossen seien, "aber wir sehen das nicht - ganz im Gegenteil". Er erklärte: "Wir sehen, dass sie die mehr als 150.000 Soldaten, die sie bereits entlang der Grenze stationiert haben, aufstocken. Sogar in den vergangenen paar Tagen."

Austin beklagte weiter: "Wir sehen, dass einige dieser Truppen näher an die Grenze heranrücken. Wir sehen, dass sie mehr Kampf- und Unterstützungsflugzeuge einfliegen." Moskau verstärke auch seine militärische Bereitschaft im Schwarzen Meer. "Wir sehen sogar, dass sie ihre Vorräte an Blutkonserven aufstocken." Der Minister betonte: "Man tut solche Dinge nicht ohne Grund. Und schon gar nicht, wenn man dabei ist, seine Sachen zu packen und nach Hause zu gehen."

Ein ranghoher US-Regierungsmitarbeiter hatte bereits am Mittwochabend (Ortszeit) gesagt, in den "zurückliegenden Tagen" habe Russland rund 7000 zusätzliche Soldaten in die Nähe der ukrainischen Grenze gebracht. Erkenntnisse der US-Regierung zeigten inzwischen, dass Russlands Ankündigung eines Teilabzugs "falsch" sei. Auch die Nato hatte bereits von einem russischen Truppenaufbau anstatt des angekündigten Teilabzugs gesprochen. Russland bestreitet alle Angriffspläne.

So sagte Russlands stellvertretender Außenminister am Donnerstag vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York: "Ich denke, wir haben genug darüber spekuliert". Eine Invasion sei entgegen der Warnungen ausgeblieben. An die USA gerichtet  sagte Werschinin: "Mein Rat an Sie ist, sich nicht in eine unangenehme Situation zu begeben."

„Militärtechnische Maßnahmen“ angedroht

Moskau teilte den USA aber offiziell mit, dass es zu einer Reaktion gezwungen sei, sollten die USA mit Moskau keine rechtsverbindlichen Sicherheitsgarantien aushandeln. Zu der Reaktion würde auch der Einsatz „militärtechnischer Maßnahmen“ gehören, berichtete die Agentur Tass unter Berufung auf die schriftliche Antwort Russlands auf US Gegenvorschläge zum Thema Sicherheitsgarantien. Weiter heiße es in dem Papier, Russlands rote Linien würden ignoriert und der Kreml sei alarmiert durch zunehmende militärische Aktivitäten der USA und der Nato in der Nähe Russlands. Nach Angaben von Beobachtern könnten "militärtechnische Maßnahmen" die Stationierung von Raketen und Soldaten, elektronische Kriegsführung und den Einsatz weltraumgestützter Waffensysteme umfassen.

US- Botschafter ausgewiesen

Mitten in großen Spannungen ist auch der stellvertretende US-Botschafter in Russland, Bart Gorman, aus dem Land ausgewiesen worden. Das bestätigte das US-Außenministerium am Donnerstag in Washington. Das Vorgehen Russlands sei grundlos, man betrachte das als weitere Eskalation und überlege, wie man reagieren werde, hieß es.

Gorman habe ein gültiges Visum gehabt, er sei weniger als drei Jahre in Russland gewesen, und seine Zeit dort sei noch nicht beendet gewesen, hieß es weiter. Die US-Regierung forderte Russland auf, "die grundlose Ausweisung von US-Diplomaten und Mitarbeitern zu beenden". In der aktuellen Lage sei es wichtiger denn je, dass beide Länder über das notwendige diplomatische Personal verfügten, um die Kommunikation zwischen den Regierungen zu erleichtern.

(APA)

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