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Mitreden: Wie wird Europa unabhängiger vom russischen Gas?

Die Hälfte der Haushalte in Wien heizen mit Erdgas, vier Fünftel davon kommen aus Russland. Diese Abhängigkeit soll nun gemildert werden. Wie kann die Energieversorgung in Zukunft aussehen? Und wie schnell lässt sich überhaupt etwas ändern? Diskutieren Sie mit!

Die Ängste vor einer russischen Expansion verändern Europas bisherige innen-, außen- und wirtschaftspolitische Linien radikal, wie es „Presse"-EU-Ressortleiter Wolfgang Böhm in diesem Text beschreibt.

Viel diskutiert wurde zuletzt nicht nur über die Aufrüstung, sondern auch über die wirtschaftliche Abhängigkeit von Russland: Viele Länder, so auch Österreich, sind auf russisches Gas angewiesen. Der Abschied von fossilen Brennstoffen ist vorerst einem gemeinsamen außenpolitischen Ziel gewichen: die Abhängigkeit von russischem Gas zu minimieren. Deutschland schließt etwa längere Laufzeiten von Kohle- und Atomkraftwerken nicht mehr aus. Auch Italien will nicht ausschließen, Kohlekraftwerke wieder in Betrieb zu nehmen, um kurzfristige Versorgungsengpässe zu überbrücken.

In Österreich sind die Gasspeicher nur noch zu 18 Prozent gefüllt - eine Nachricht, die seit dem Ukraine-Krieg deutlich alarmierender klingt, als davor. Denn Österreich bezieht vier Fünftel seines Erdgases von Russland. Bleibt der Winter mild, reichen die Vorräte bis in den April aus. Notfalls müsste die Regierung die Industrie von der Gasversorgung ausnehmen, um die Versorgung der Haushalte zu sichern. Um eine erneute Energiekrise zu vermeiden, bekommt Österreich ein Gesetz zum Aufbau strategischer Gasreserven, erklärt Matthias Auer. Ein Szenario, wie die EU und Österreich einen Gas-Boykott verkraften könnten, beschreibt Auer in diesem Beitrag.

In Wien heizen rund die Hälfte der Haushalte mit Gas - das soll sich ändern. Doch ein rascher, radikaler Ausstieg aus dem Gas innerhalb der nächsten zwei, drei Jahre würde laut Experten schon allein an den fehlenden Fachkräften scheitern, wie Theresa Wirth in einem Erklär-Stück schreibt.

Gabriel Felbermayr, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo, hat sich mit unserer Abhängigkeit vom russischen Gas in einem Gastkommentar auseinandergesetzt in dem er sich auch kritisch mit der Wirkung der wirtschaftlichen Sanktionen auseinandersetzt. „Wie teuer das neue Sanktionsregime für uns und die Russen wird, hängt im Wesentlichen nur davon ab, ob Europa weiter Gas aus dem Osten bezieht“, so Felbermayr. Russland verlor insgesamt zwar wirtschaftlich an Bedeutung für Österreich, aber das Land wäre überdurchschnittlich stark von Beschränkungen von Erdgaslieferungen betroffen. Die gute Nachricht: Studien würden zeigen, dass Österreich langfristig auf russisches Gas kann, ohne wirtschaftlichen Schaden zu nehmen. Den gesamten Gastbeitrag lesen Sie hier.

Jakob Zirm dachte vergangene Woche in einem Leitartikel über Abhängigkeiten nach. Er schreibt, es stimme zwar, dass es in Europa, anders als in Nordamerika. weniger Öl- oder Gasvorkommen gibt. „Allerdings hat man viel zu lang auf das Klumpenrisiko Russland gesetzt und die wichtige Diversifizierung der potenziellen Lieferanten – etwa über LNG-Terminals – verabsäumt."

Ob auch das Revival der Atomkraft in Europa ein Teil der Lösung sein kann? Der Krieg in der Ukraine, einem Land mit vielen Atomkraftwerken, zeigt auch die Gefahren, die diese mit sich bringt. Kiew hat die Kontrolle über das 1986 havarierte Atomkraftwerk Tschernobyl verloren und die Regierung warnt seither vor der Gefahr eines „zweiten Tschernobyls“. Zugleich schlugen laut Kiew in der Nacht auf Sonntag Granaten in einem Zwischenlager für radioaktiven Müll in Kiew ein. Die internationale Atomenergiebehörde ist in Sorge. Mehr dazu lesen Sie hier.

(sk)

Diskutieren Sie mit: Wie werden Österreich und ganz Europa unabhängiger vom russischen Gas? Wie kann die Energieversorgung in Zukunft aussehen? Wie schnell lässt sich überhaupt etwas ändern? Und: Womit heizen Sie eigentlich?

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